Schulsenatorin fällt Rechnen schwer

Mehrere Ressorts in Bremen verhängen Haushaltssperren – nur wenige Wochen nach Verabschiedung des Haushalts. Das Bildungsressort kündigt Beitragserhöhungen für Kitas an – doch dafür fehlt die Grundlage. Die Erklärung der Behörde überzeugt nicht

Von Lotta Drügemöller

Nichts Neues geht mehr: Das Bildungsressort, das Sozialressort und am Montag auch das Umweltressort in Bremen haben Haushaltssperren verhängt. Nur gut einen Monat nach der Verabschiedung des Haushalts 2024 für den Zwei-Städte-Staat wird in mehreren Ressorts die Mangelverwaltung ausgerufen.

Eine Haushaltssperre kann verhängt werden, wenn sich abzeichnet, dass das vorhandene Budget nur bei äußerster Sparsamkeit bis zum Jahresende ausreicht. Das Wort klingt dramatisch. Es bedeutet aber nicht, dass eine Behörde ihre Arbeit oder Zahlungen einstellt. Sowohl die sogenannten Pflichtaufgaben als auch bereits beschlossene Projekte laufen weiter. Für neue Projekte braucht es unter einer Haushaltssperre allerdings den ausdrücklichen Segen der Hausspitze: Was immer in den Ressorts Soziales, Umwelt und Bildung neu begonnen werden soll, muss jetzt ausnahmsweise von den jeweiligen Senatorinnen extra genehmigt werden.

Pikant an der Haushaltssperre in den einzelnen Ressorts ist, dass der Bremer Haushalt erst im Juni verabschiedet wurde. Davor gab es die sogenannte „haushaltslose Zeit“ – in der nur laufende Projekte und Pflichtaufgaben des jeweiligen Ressorts weitergeführt werden, es gelten also praktisch die gleichen Bedingungen wie bei einer Haushaltssperre. Insgesamt blieben den betroffenen Ressorts damit nur noch eineinhalb Monate, in denen normal mit eigenen Schwerpunkten und Projekten gearbeitet werden kann.

„Es ist nicht der Sinn einer Haushaltsaufstellung“, sagt Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Dann könnten wir für die Bremer Bildungspolitik auch einfach den Sparkommissar aus Berlin bestellen, der das abwickelt.“

Die Umweltbehörde will mit ihrer Haushaltssperre nach eigenen Angaben vor allem vorausschauend planen und schon jetzt sogenannte „Globale Minderausgaben“ einsparen. Dabei handelt es sich um Geld, das bewusst in den Haushalt eingestellt wird, obwohl es gar nicht vorhanden ist. Man geht davon aus, dass ohnehin nie alle Mittel abgerufen werden. Alle Behörden sind aufgerufen, „ihren“ Anteil an den Globalen Minderausgaben einzusparen, im Falle der Umweltbehörde sind das gut 3 Millionen Euro.

Wie groß die Lücke zwischen Budget und Bedarf für die beiden anderen Ressorts insgesamt ist, dazu äußern sich das Sozial- und das Bildungsressort nicht. Es ist einfach nicht klar.

Sparen durch höhere Kita-Beiträge

Um zu sparen, hatte Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) am Montag die Idee ins Spiel gebracht, die Kita-Beiträge zu erhöhen, um mehr Einnahmen zu erzielen. Am Donnerstag beginnt das neue Kita-Jahr, die Betreuungsverträge mit den allermeisten Eltern sind längst unterschrieben. Mit welcher Frist die Betreuungskosten geändert werden dürften, dazu sagt die Behörde nichts. Klar ist nur: Wenn sich die Beitragserhöhung noch im laufenden Haushalt niederschlagen soll, muss es extrem schnell gehen.

Trotz der Brisanz des Themas für alle Eltern, deren Beiträge nicht erstattet werden, und trotz des Zeitdrucks für den laufenden Haushalt gibt die Verwaltung keine weiteren Informationen über ihre möglichen Planungen in dieser Richtung.

Die recht drastische Ankündigung könnte ein Grund dafür sein, dass gerade die Bildungsbehörde im Fokus der Kritik steht. Es gibt aber auch andere Gründe: Die Sozialbehörde wird für ihre Haushaltssperre kaum kritisiert. Die Opposition hat ihr bisher zugestanden, dass es dort schwierig ist, die laufenden Ausgaben in den Griff zu bekommen: 95 Prozent der Kosten dort (ohne Personalkosten) entstehen durch Sozialleistungen. Und die liegen in der Tat weitgehend außerhalb ihres Einflussbereichs.

„Wir hatten auch in den letzten Jahren immer Haushaltssperren“, so Sozialbehördensprecherin Nina Willborn. „Die Alternative wäre, großzügiger zu planen – aber dann würden wir eventuell Geld binden, das an anderer Stelle fehlt.“

Das Bildungsressort kommt mit dieser Argumentation nicht davon. Dabei ist es ebenfalls zu großen Teilen seiner Arbeit von externen Entwicklungen beeinflusst: Wie viele Kinder in die Schulen und Kitas kommen, liegt nicht in seiner Hand. Dennoch wird der Behörde eine grobe Fehlplanung vorgeworfen: Sie hätte wissen müssen, dass die Kinderzahlen steigen, schreiben FDP und CDU. Die CDU hatte bereits am Montag einen Misstrauensantrag gegen die SPD-Senatorin eingebracht, die Regierungsfraktionen stellten sich hinter die SPD-Senatorin.

Tatsächlich wirkt die Erklärung der Behörde für ihren zu niedrig berechneten Bedarf äußerst defensiv – und wenig überzeugend. Man habe auf Zahlen aus dem Jahr 2022 zurückgegriffen, als die Meldebehörden überlastet gewesen seien. Man sei überrascht von der hohen Zahl an Kitakindern und Schüler*innen. Ob die Bildungsbehörde die Zahl der Schulanfänger nicht auch über andere Quellen erheben kann – immerhin werden die zukünftigen Schüler*innen im Laufe des Jahres von der Behörde zur Einschulung eingeladen? Dazu antwortet das Ressort nicht mehr.

Dass die Behörde teilweise falsch gerechnet hat, ist schon länger bekannt. Bereits Anfang Juli hatte die CDU mit einer Anfrage im Haushalts- und Finanzausschuss eine Fehlkalkulation bei den Energiekosten aufgezeigt: Nur 5,9 Millionen Euro waren im Bildungshaushalt für Gas, Heizöl und Strom vorgesehen. Dabei wurden 2023 an Bremer Schulen und Kitas noch ganze 14,5 Millionen Euro für Energie ausgegeben. Kein Wunder also, dass der Finanzrahmen in diesem Teilbereich für dieses Jahr nicht eingehalten werden kann: Bis Ende Mai wurden bereits 8,3 Millionen Euro für Energiekosten ausgegeben, also deutlich mehr, als für das ganze Jahr zur Verfügung steht.

Fehlkalkulation oder Optimismus?

Eine Fehlkalkulation? Ungesunder Optimismus? Die Antwort aus dem Bildungsdepartement erklärt die Entwicklung nur teilweise. Man sei von „deutlich sinkenden Energiepreisen ausgegangen“, heißt es. Und: Man habe die Haushaltsansätze „scharf kalkulieren“ müssen – sprich: Es gab einfach nicht genug Geld zu verteilen, also wurde nicht genug beantragt. Das fehlende Energiegeld werde voraussichtlich aus den Notlagenmitteln finanziert, schreibt die Bildungsbehörde weiter. Das ist Geld, das Bremen als Kredit aufgenommen hat, der mit einer „außergewöhnlichen Notlage“ – Ukraine, Corona, Klimawandel – begründet werden musste.

Das Bildungsressort gilt insgesamt als Hort schlechter Finanzplanung. 2021 war aufgefallen, dass dort über mehrere Jahre unbemerkt schwarze Kassen geführt wurden. Nachfragen im Haushaltsausschuss konnte das Ressort nie zufriedenstellend beantworten.

Vielleicht ist das in diesem Fall sogar gut so: Am Dienstag wurde bereits spekuliert, dass sich das Bildungsressort verrechnet haben könnte – die Haushaltslücke könnte geringer ausfallen als gedacht.