Weitere Attacken auf Frankreichs Infrastruktur

Neue Sabotageversuche gegen die Bahn und auch das Glasfasernetz setzen den Olympia-Gastgeber unter Druck. Israel warnt vor iranischen Attentatsplänen

Bereits am Freitag hatte es vor der Eröffnungs­feier der Olympischen Spiele einen Sabotageakt gegen das TGV-Netz wie hier bei Lille gegeben Foto: Maillard/MAXPPP/imago

Aus Paris Rudolf Balmer

Die Wachsamkeit hat sich ausbezahlt, zumindest eine erneute Sabotage des französischen Bahnverkehrs konnte am Sonntag offenbar rechtzeitig verhindert werden. In Oissel, im Süden von Rouen in der Normandie, wurde am späten Nachmittag ein junger Mann festgenommen, der sich an den Gleisen zu schaffen machte. Ein Lokomotivführer eines verkehrenden Zugs hatte den auffälligen Mann dabei beobachtet und Alarm geschlagen.

Der rasch identifizierte 29-Jährige sei bei der Polizei kein Unbekannter, er gehöre angeblich zur „ultralinken“ Bewegung. In seinem Fahrzeug habe er Zangen und anderes sabotagetaugliche Werkzeug dabei gehabt. Ebenso seien Farbsprays und politisch einschlägige Literatur gefunden worden. Der Festgenommene wurde in Rouen in Polizeihaft zu seinen Absichten befragt.

Etwas später ebenfalls am Sonntag wurde dank des elektronischen Überwachungssystems ein anderer Mann entdeckt, der dabei war, in Marolles-sur-Seine in Nordfrankreich einen Gitterzaun zu durchschneiden, der die dortige TGV-Bahnlinie vor Unbefugten schützen soll. Er konnte sich laut Angaben des Fernsehsenders France Télévisions einer Festnahme durch Flucht entziehen. Ob ein Zusammenhang mit der Festnahme bei Rouen oder mit den Sabotageakten gegen mehrere TGV-Strecken in der Nacht auf den Freitag besteht, muss noch abgeklärt werden.

Wenige Stunden vor der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele von Paris hatten Unbekannte an fünf Stelle verschiedener TGV-Strecken Kabel durchschnitten und elektronische Einrichtungen mit Brandsätzen zerstört, was während des gesamten Wochenendes vor allem auf der Strecke zwischen Bordeaux und Paris zu Zugausfällen und erheblichen Verspätungen führte. Die angerichteten Schäden wurden vom Personal der Bahngesellschaft SNCF in einer Rekordzeit repariert. Trotzdem mussten sich viele der insgesamt 800.000 betroffene Reisende, unter ihnen zahlreiche Olympia-Touristen, stundenlang in Bahnhöfen gedulden oder auf andere Transportmittel umsteigen.

Zu der offenbar geplanten und koordinierten Sabotage gegen den französischen Hochgeschwindigkeitsverkehr hat sich bisher niemand bekannt. Mehrere Medien haben jedoch eine Art Solidaritätsbotschaft erhalten, die nach Ansicht der Ermittler aus ultralinken staatsfeindlichen Kreisen stammt. Eine Täterschaft aus dem extremistischen Milieu vermutet auch der zuständige Innenminister Gérald Darmanin. Mit der Untersuchung der Vorkommnisse wurde deshalb die Antiterrordirektion der Pariser Polizei beauftragt. Der interimistisch weiter amtierende Premierminister Gabriel Attal mahnt zu „Vorsicht“ und vor „voreiligen Schlüssen“, die Untersuchung stehe noch am Anfang.

Auch andere Infrastruktur in Frankreich sieht sich Angriffen ausgesetzt: In der Nacht auf den Montag wurden in sechs verschiedenen Departementen Frankreichs die Glasfaserkabel von Telefongesellschaft gekappt, was zu vorübergehenden Ausfällen, aber nicht einer umfassenden Panne führte. Wie bei der Bahnsabotage gehen die Behörden von einer koordinierten Aktion aus.

Darmanin teilte am Montag ebenfalls mit, dass am Samstag 44 von seinen Diensten zuvor überwachte Mitglieder der militanten Naturschützerorganisation Extinction Rebellion vorübergehend festgenommen wurden. Sie hätten angeblich Aktionen bei den olympischen Wettkämpfen und Zeremonien geplant. Eine für Samstag angesetzte Kundgebung wegen den „sozialen und ökologischen Schäden“ der Spiele wurde daraufhin abgesagt. Der Anwalt von Extinction Rebellion protestierte gegen die „präventive Festnahme von Personen, denen kein Vergehen zur Last gelegt wurde“.

Auch 44 Mitglieder von Extinction Rebellion wurden festgenommen

Der israelische Außenminister Israel Katz warnte indes, dass auch der Iran die Olympischen Spiele ins Visier nehmen könnte Er habe diesbezüglich seinen französischen Amtskollegen, Außenminister Stéphane Séjourné, speziell vor Attentatsplänen von mit dem Iran verbündeten Gruppen gewarnt. Bedroht seien die Mitglieder der israelischen Delegation in Paris, aber auch israelische Besucher, denen von Reiseorganisatoren davon abgeraten wird, gewisse Quartiere zu besuchen, in der Öffentlichkeit Kippa zu tragen oder laut Hebräisch zu reden.

Politische Spannungen wegen des Nahost-Konflikts existieren zuletzt bereits in den Stadien: Beim Fußballspiel der israelischen Mannschaft gegen Mali am vergangenen Mittwoch hörte man Pfiffe bei der Nationalhymne, später wurden auf der Tribüne des Pariser Parc des Princes Palästinafahnen geschwenkt, antiisraelische Slogans wie „Free Palestine“ gerufen und ein Spruchband mit der Aufschrift „Genocid Olympics“ entrollt. Mit einem enormen Aufgebot an Polizei und Militärs versuchen die französischen Gastgeber bisher, handfeste Zusammenstöße zwischen sich feindselig gesinnten Fans zu vermeiden.