Sommerpressekonferenz des Kanzlers: Scholz plant keine Rente mit 67

Olaf Scholz ist zufrieden mit seiner Bilanz bei Abschiebungen und den Verschärfungen beim Bürgergeld. Er hofft, als Kanzler wiedergewählt zu werden.

Der Bundeskanzler Olaf Scholz auf seiner Sommer-Pressekonferenz

Scholz ist mit sich und seiner Bilanz zufrieden. Und überzeugt, dass er Kanzler bleibt Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Olaf Scholz ist gut gelaunt. Lächelnd betritt er die Berliner Bundespressekonferenz und teilt den wartenden Jour­na­lis­t:in­nen mit: „Wir waren noch mal fleißig heute.“ Das Kabinett hat zum letzten Mal vor seinem Urlaub getagt, Jahressteuergesetz beschlossen, Importstrategie für Wasserstoff und, und, und. Die Botschaft: Es läuft.

Zufrieden ist der Bundeskanzler auch mit seiner Bilanz. Etwa beim Thema Abschiebungen. Dass die Zahl der Rückführungen zuletzt um 30 Prozent gestiegen sei, „dass ist gewollt und soll auch so bleiben“. Es sei ganz wichtig, die „irreguläre Migration zu begrenzen“, um die Arbeitsmigration und die „echten Flüchtlinge“ zu schützen, meint Scholz.

Denn es könne ja nicht sein, dass sich „hier jemand einen bequemen Lenz macht.“ Nein, Deutschland brauche Leute, „die hier gut reinpassen, die fleißig sind“. Und er unterstreicht: „Dürfen wir uns aussuchen, wer nach Deutschland kommt? Die Antwort lautet ja.“

Im Dezember wurde der Kanzler auch in den eigenen Reihen noch dafür kritisiert, dass er im Spiegel erklärt hatte: „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“. Wahlweise wurden aber auch Jour­na­lis­t:in­nen angeprangert, dass „Olaf“ falsch verstanden worden sei. Nein, „Olaf“ wollte genauso verstanden werden.

Scholz hat deshalb auch eine – aus seiner Sicht – gute Nachricht anzukündigen: Man bereite Abschiebungen nach Afghanistan und nach Syrien vor – „Sie können bald berichten“, verspricht er den Medien.

Der Frage, was aus dem Aufnahmeprogramm für Schutzbedürftige aus Afghanistan werde – die Bundesregierung hat 45.000 besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen Aufnahme in Deutschland in Aussicht gestellt – weicht er aus. Müsse man mal sehen und schauen, ob das noch praktikabel sei – „zurzeit kann man das Land ja gar nicht verlassen“. Na dann.

Sounds like Merkel

Auch beim Thema Bürgergeld sieht Scholz seine Regierung auf einem guten Weg. Die Ampel hat im Zuge der Haushaltsverhandlungen beschlossen, den Druck auf Bür­ger­geld­emp­fän­ge­r:in­nen zu erhöhen und Sanktionen und Meldepflichten zu verschärfen.

So soll der Regelsatz künftig schon beim ersten Terminversäumnis um 30 Prozent gekürzt werden. Die Betroffenen sollen im weiteren Umkreis nach Arbeit suchen und die Grenze dessen, was als zumutbare Arbeit gilt, soll gesenkt werden. Alles Maßnahmen, die er, so Scholz, „unterstreichen kann“. Denn Ziel müsse sein, „dass alle arbeiten.“

Da klingt der sozialdemokratische Kanzler fast schon wie seine Vorgängerin Angela Merkel in ihren neoliberalen Anfangsjahren. Merkel meinte einst: „Jede Arbeit ist besser als keine Arbeit“.

Die SPD wollte mit dem Bürgergeld eigentlich weg von der Maxime, dass man Menschen nur genug gängeln müsse, damit sie in jede Form von Ausbeutung einwilligen. Aber der gesellschaftliche Zeitgeist hat sich eben gedreht.

Scholz will Kanzler bleiben

Und mit solchen Wendungen hofft Scholz auch die Stimmung für die SPD wieder gedreht zu bekommen. 14 Monate vor der nächsten Bundestagswahl kündigt er an: „Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden.“ Damit ist Scholz seiner eigenen Nominierung und Zweifeln in der SPD zuvorgekommen: Nur ein Drittel der SPD-Mitglieder halten ihn einer Umfrage zufolge für den geeigneten Kanzlerkandidaten.

Auch außenpolitisch bewegt sich der Kanzler mitunter quer zum Diskurs. Seine Ankündigung auf dem Nato-Gipfel, dass in Deutschland wieder amerikanische Mittelstreckenraketen stationiert werden, stieß selbst in der eigenen Partei auf Kritik. Fraktionschef Rolf Mützenich sieht die „beträchtliche“ Gefahr einer „unbeabsichtigten militärischen Eskalation“.

Scholz verteidigt in der Sommerpressekonferenz seinen Entschluss: „Jetzt geht es darum, dass wir unsere Sicherheit auch durch die notwendige Abschreckung gewährleisten, damit es eben nicht zu einem Krieg kommt.“ Und unterstreicht: Rolf Mützenich und er handelten „gemeinschaftlich.“ Danach sieht es nicht aus. Eine Stationierung von Atomwaffen schließt Scholz immerhin aus.

Waffen und Worte

Auch an der militärischen Unterstützung Israels hält Deutschland fest – trotz des jüngsten Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs, dass die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete völkerrechtswidrig sei und schnellstens beendet werde müsse. Scholz dagegen in Scholz'scher Manier: „Wir haben nicht entschieden, dass wir keine Waffen liefern. Also werden wir und haben wir.“ Einen Boykott von israelischen Waren findet er „eklig“.

Was also macht Deutschland konkret? „Wir handeln, wir sprechen“, sagt Scholz. Allerdings hat sich Israels rechte Regierung bislang vom Gerede der Deutschen unbeeindruckt gezeigt.

Auch innenpolitisch bleiben noch einige Baustellen: im Haushalt klafft noch ein Milliardenloch, die Prüfaufträge wie es zu schließen sei, laufen. Für die nächsten beiden Wochen nicht Scholz' Problem. Nach Auskunft seines Sprechers weilt er ab Samstag im „befreundeten europäischen Ausland.“ Endlich Ferien.

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