Werbefeldzugmit Haken

Ein Künstlerhaus in Treptow richtet ein Werbeevent einer ukrainischen Sturmbrigade aus – mit direkten Bezügen zur faschistischen Asow-Bewegung

Von Erik Peter

Eine Veranstaltung am Donnerstag in Treptow verspricht Besonderes: „Informelle Kommunikation mit Kriegern, die den Feind an den heißesten Fronten vernichtet haben.“ Erwartet werden Kämpfer der 3. Separaten Sturmbrigade des ukrainischen Militärs, die Einblick in ihre „intensiven Kämpfe“ in Bachmut oder der Region Charkiw geben. Das Treffen ist Teil einer Europatournee, mit der die Freiwilligenrigade um Unterstützung wirbt. Man könne sich ihren „Reihen anschließen“, aber diese auch mittels „lokaler Initiativen“ unterstützen.

Für das Event im ukrainischen Künstlerzentrum „Hotel Continental – Art Space in Exile“ in der Elsenstraße kann man online Tickets für 20 Euro erwerben. Bis zu 180 Gäste finden im Saal Platz. Die ersten zwei Tourstopps fanden in Polen statt, Brüssel, Köln und Prag sollen folgen. Dagegen wurde die für Freitag geplante Veranstaltung in Hamburg vom Verein „Freie Ukraine“ abgesagt. „Nach näherer Prüfung der Einzelheiten“ habe sich der Vorstand dazu entschieden, schreibt das Hamburger Abendblatt. Zuvor hatten zwei ehemalige Linken-Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft ein Verbot gefordert. Der Vorwurf: Es handele sich um „Faschist:innen“, die den Nationalsozialismus verherrlichten.

Der Asow-Gründer Andrij Bilezkyj steht der Sturmbrigade als Kommandant vor

Die Brigade wurde Anfang 2023 durch den Zusammenschluss verschiedener Kampfeinheiten des Bataillons Asow geformt. Dieses war 2014 als Sammelbecken von Rechtsextremen gegründet worden, um gegen Russland und vermutete Kollaborateure im Osten der Ukraine zu kämpfen. Dabei verwendete man offen faschistische Symbolik, vernetzte sich mit Neonazis europaweit und beging wiederholt Menschenrechtsverletzungen. 2022 hielt das damalige Regiment Asow über Monate russischen Angriffen auf Mariupol stand, was sein Ansehen steigerte. Erst im Juni hob die USA ein Waffenembargo für die 12. Spezialbrigade Asow auf, die unabhängig von der Sturmbrigade existiert.

Derweil steht der einstige Asow-Gründer, Andrij Bilezkyj, später Vorsitzender der rechtsextremen Partei Nationales Korps, der Sturmbrigade als Kommandant vor. Laut dessen Aussage auf der Webseite der etwa 2.500 Mann starken Brigade habe diese die gleichen Grundsätze wie die Asow-Bewegung: „Ukraine-Zentriertheit, Traditionalismus, Hierarchie und Verantwortung“. Im Netz vermarktet man sich aufwändig. Allein 300.000 Menschen folgen dem Telegram-Kanal. Soldaten der Brigade, die 2023 in Frankreich ausgebildet wurden, zeigten nach Recherchen des französischen Nachrichtenportals Mediapart Neonazisymbole, auf ihren Social-Media-Profilen auch Hitlerbilder und Embleme von SS-Divisionen. Auch Untereinheiten der Brigade verwenden solche Symboliken: Ein Soldat der Brigade hatte zuletzt mit einem T-Shirt mit Hitler-Zitat im Konzentrationslager Auschwitz für Aufsehen gesorgt.

Kämpfer der 12. Spezialbrigade Asow im Januar in der Region Luhansk Foto: Efrem Lukatsky/ap

Das vom freien Theater-Kollektiv Ogalala Kreuzberg getragene Hotel Continental antwortete nicht auf eine taz-Anfrage. Auch sonst gibt man sich schweigsam: Online wird das Event nicht erwähnt. Der Kunstort, benannt nach einem zerstörten Zentrum in Mariupol, gibt ukrainischen sowie belarussischen Künst­le­r:in­nen Raum für Ausstellungen und Vernetzung. Bislang präsentierte man sich als liberaler Ort mit Regenbogenflagge oder dem Slogan „Make art, not war“, wie es die taz vor der Eröffnung 2022 beschrieb. Laut der verantwortlichen Regisseurin Christine Dissmann von Ogalala will man dafür sorgen, dass die Künst­le­r:in­nen „Teil unseres Kulturschaffens werden und nicht außen vor“ bleiben.

Kritik wird von außerhalb kommen. Ab 18 Uhr rufen antifaschistische, antimilitaristische Gruppen und die Linksjugend zum Protest vor den Veranstaltungsort auf. Im Aufruf heißt es: Die Brigade inszeniere sich „mit Stolz als historischer Erbe des Bandera-Flügels der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten“. Diese habe „zu den willigsten Helfern im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion und dem Holocaust“ gezählt. Gefordert wird die Absage des Events: „Wir finden diese Zurschaustellung von Militarismus und Faschismus unerträglich, sie ist auch nicht durch Putins Invasion zu rechtfertigen.“