Osnabrück sucht Parkplätze

Die Stadt hat Carsharing-Parkplätze ausgeschrieben. Der stadteigene Anbieter hätte sie gern gehabt, kann sich aber nur die Hälfte leisten. Grünen sehen Verkehrswende in Gefahr

In Osnabrück offenbar echt schwierig: Carsharing-Parklätze schaffen Foto: Jan Woitas/dpa

Von Harff-Peter Schönherr

Wer im niedersächsischen Osnabrück nach Anzeichen der Verkehrswende sucht – in einer Stadt, die einst stolz darauf war, als „Autostadt“ zu gelten – wird fündig, aber nur bedingt. Der motorisierte Individualverkehr hat hier nach wie vor viele Freunde.

Doch es gibt Lichtblicke. Einer davon heißt: Stadtteilauto OS. Der kommunale Carsharing-Anbieter, als Teil der Stadtwerke Osnabrück im Besitz der Stadt, ist eine Erfolgsgeschichte. Er ist im Prinzip in Stadt und Region konkurrenzlos.

Das Problem: Lange standen viele seine Fahrzeuge an eher verstecken Orten, auf Privatgrundstücken, fernab von den gut sichtbaren und leicht erreichbaren Stellplätzen im öffentlichen Raum.

Das hätte Osnabrück längst ändern können, aber lange geschah nichts. Es hat bis 2020 gedauert, ehe das 2017 in Kraft getretene Carsharinggesetz (CsgG) des Bundes, das Bevorrechtigungen „für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen“ vorsieht, als „Sondernutzung für stationsbasiertes Carsharing“ ins Niedersächsische Straßengesetz (NStrG) umgesetzt war. Und selbst dann ließ Osnabrück sich weiter Zeit und leitete gar nichts in die Wege. Der Antrag „Einrichtung öffentlicher Carsharing-Stellplätze“ der Mehrheits-Ratsgruppe Grüne/Volt/SPD im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt von Mitte 2022 zeigt das deutlich: Es stelle sich die Frage, heißt es darin, „warum immer noch keine Carsharing-Fahrzeuge auf öffentlichem Grund zu finden sind“. Der Ausschuss möge die sofortige Einrichtung beziehungsweise Ausschreibung beschließen. Das tat er auch, und zwar einstimmig.

Zähe Sache also, dieses Carsharing. Erst Anfang 2024 schrieb die Stadt Osnabrück dann 79 Carsharing-Parkplätze im öffentlichen Verkehrsraum aus. Die Ausschreibung umfasste zwei sogenannte Lose, also einmal 40 und einmal 39 Stellplätze.

Chronisch knapp an Plätzen für ihre derzeit 149 ortsfesten Carsharing-Fahrzeuge bewarb sich Stadtteilauto OS. Allerdings trat das Unternehmen schnell wieder auf die Bremse: Es zog eine seiner Bewerbungen zurück, nach einer „genauen Wirtschaftlich­keitsbetrachtung“, sagt Stadtwerke-Sprecher Marco Hörmeyer der taz. Für die 39 Plätze erhielt es den Zuschlag.

„Es wäre schön gewesen, beide Lose zu bekommen“, sagt Hörmeyer. „Aber das hätte zu einem immensen externen finanziellen Bedarf geführt. Und Wirtschaftlichkeit ist für uns oberstes Gebot.“ Es gehe ja nicht nur um die Kosten der Stellplätze selbst, auch um flankierende Investitionen, etwa für die Fahrzeuge.

Der Vorgang lasse an der „Ernsthaftigkeit der Verantwortlichen“ zweifeln, urteilt Maximilian Strautmann, der Vorsitzende des Stadtverbands der Osnabrücker Grünen, in einer Erklärung. Man schieße hier „unkoordiniert Eigentore gegen die Verkehrswende“. Angesichts der Klimaziele und Osnabrücks voller Straßen seien „Anstrengungen von allen Seiten“ gefordert, sagt Strautmann der taz, „insbesondere von der Stadtspitze“.

Das sieht auch der Kreisverband Osnabrück des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) so. „Es hätte eine vernünftige Absprache geben müssen“, sagt sein Sprecher Tobias Demircioglu der taz. „Man sollte sich an einen Tisch setzen.“

Der Vorgang lasse an der „Ernsthaftigkeit der Verantwortlichen“ zweifeln

Maximilian Strautmann, Vorsitzender des Stadtverbandes der Osnabrücker Grünen

Rechtlich wäre eine Absprache unzulässig, sagt Hörmeyer. „Die Stadt als Vergabebehörde muss eine solche Ausschreibung diskriminierungsfrei handhaben, sonst käme man in Teufels Küche.“

Nachteile für den Ausbau des Carsharing-Netzes habe die nur halb erfolgreiche Bewerbung nicht, sagt Hörmeyer. „Wir können unser Angebot ja auch ausweiten, indem wir privaten Parkraum nutzen.“ Bei den 39 neuen Stellplätzen, verteilt auf das gesamte Stadtgebiet –eine Chance auch auf mehr Dezentralität der Flottenplatzierung –soll es also nicht bleiben.

Wie teuer die Parkplätze waren? Ob es mehrere Bewerber gab? Warum die Stadt ihrem Tochter-Tochter-Unternehmen nicht entgegenkommen konnte und wie sie die Kritik der Grünen bewertet? Osnabrücks Sprecher lassen alle Fragen der taz unbeantwortet.