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: „Ich sprach in der Küche mit Wolf Biermann über die Luftangriffe“

In Hamburg erinnern drei Veranstaltungen mit Texten, Musik und Film an die Bombenangriffe der „Operation Gomorrha“

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Christian Grasse, Sie sind Filmemacher, warum organisieren Sie nun eine Reihe von Veranstaltungen zu den alliierten Luftangriffen auf Hamburg im Juli 1943?

Christian Grasse: Ich hatte den Wunsch, mal über die Form des Films hinauszugehen. Ein Film ist ja immer schon fertig und abgeschlossen, aber so kann noch einmal ein neuer Raum entstehen. Die Mischung aus Wort, Musik und Film hat eine andere Wirkung. Und das an einem historischen Ort, denn St. Katharinen ist eine der Kirchen, die von der ersten Angriffswelle am 24. Juli 1943 am schwersten getroffen wurden.

Was wird dort passieren?

Der Hamburger Schauspieler Rolf Nagel wird aus seiner Autobiografie „Das Hundsauge“ lesen. Der 95-Jährige beschreibt darin sehr direkt, wie er als Kind in Hamburg den Luftkrieg in allen Facetten erlebte und wie ihn dies angesichts der heutigen Konflikte gerade jetzt wieder aufwühlt.

Wo kommt die Musik ins Spiel?

Der Komponist Jan Fabricius hat eine Filmmusik für meinen Dokumentarfilm geschrieben, und die wird an diesem Abend live von einem Orchester und einem Kammerchor aufgeführt. Mit dabei ist auch der Jazztrompeter und Echo-Preisträger Sebastian Studnitzky.

Foto: privat

Christian Gasse ist Dokumentarfilmer in Hamburg.

Und dazu zeigen Sie Ihren Film?

Nicht im Stück, sondern in Ausschnitten. Dafür habe ich ihn noch einmal komplett überarbeitet und einzelne Passagen im Takt dieser Veranstaltung geschnitten. So wechselt es immer zwischen Bild, Musik und Lesung.

Sie zeigen auch Teile aus einem Interview mit Wolf Biermann, die nicht im Film vorkommen.

Ich habe im vergangenen Jahr für das Hamburger Schulmuseum ein Interview mit Wolf Biermann zu den Themen Widerstand, Verfolgung und Shoah gemacht. Danach saßen wir bei ihm in der Küche und da ging das Gespräch immer mehr in die Richtung Feuersturm und Luftangriff. Er hat das ja zusammen mit seiner Mutter ganz knapp im Nordkanal von Hammerbrook stehend überlebt. Er sagte, dass das Bilder sind, die schwer zu vergessen sind. Dieser Teil des Interviews war dann aus dem eigentlichen Kontext entkoppelt, und als ich ihm erzählte, dass wir diese Veranstaltung planen, hat er genehmigt, dass wir dort Teile von diesem Interview zeigen dürfen.

Was ist bei den beiden späteren Veranstaltungen im Kino zu sehen?

Kulturabend „Stories In The End – Feuersturm Hamburg. Erlebt“: Mi, 24. 7., 19 Uhr, Hauptkirche St. Katharinen

Film „Im Gedächtnis einer Stadt – Operation Gomorrha“: Fr, 26. 7., 19 Uhr sowie Sa, 28. 7., Abaton-Kino

Dort zeige ich eine neue Schnittfassung von meinem Film und es werden Publikumsgespräche mit Gästen und Zeitzeugen geführt. So wird im Metropolis der Traumaforscher Ulrich Lampartner dabei sein.

Sie zeigen auch den 1943 gedrehten Kurzfilm „Feuersturm über Hamburg“ von Hans Brunswig, aber in einer von Ihnen bearbeiteten Fassung. Was haben Sie an dem Film geändert?

Der kurze Dokumentarfilm ist unmittelbar nach dem Angriff entstanden, aber ohne Ton. Ich habe ein Interview mit dem britischen Historiker Richard Overy geführt und das habe ich untertitelt und auf die Tonspur gelegt. Er ordnet die ganze Thematik des Luftkriegs ein und berichtet von dessen Ursprüngen, von Militärstrategien und davon, wie man eine Stadt zum Brennen bringt. Außerdem erzählt er von den Luftkriegen in der Gegenwart, mit welchen Gefahren man bei ihnen rechnen muss und welche Lösungsansätze es gibt, um das Ganze zu verhindern.