das portrait
: Die Journalistin Hazal Ocaklässt sich nicht einschüchtern

Wird von Vetretern der Erdoğan-Regierung mit Klagen überzogen: Hazal OcakFoto: privat

Hazal Ocak wünsche sich eine Auszeit von der „andauernden Einschüchterung“, schreibt die Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte in der Mitteilung, mit der sie ihren neuen Gast vorstellt. Die Einschüchterung, das ist eine Welle von Klagen, mit der die türkische Regierung die 33-jährige Klimajournalistin überzieht. „Slapp-Trials“ nennt Ocak sie in ihrer ­E-Mail an die taz. Das ist der Begriff für Gerichtsverfahren, die einzig dazu dienen, öffentlich vorgebrachte Kritik zu unterbinden. Wäre es nicht so bedrückend, könnte die Journalistin den Nachdruck, mit dem man sie verfolgt, als Auszeichnung ihrer Arbeit nehmen und als Zeichen dafür, dass sie das Erdoğan-Regime an einer Stelle trifft, wo es weh tut: bei der Korruption.

Journalistin zu sein, das schreibt Ocak an die taz, war ihr „Kindheitstraum“ – und sie hat ihn zielstrebig verfolgt. Bereits als Journalismusstudentin an der Istanbuler Universität schrieb sie für türkische Medien. Kurz danach begannen die Demonstrationen rund um den Gezi Park, der teils einem Bauprojekt weichen sollte. Die Proteste weiteten sich zu einer grundsätzlichen Kritik an der Erdoğan-Regierung aus – und es klingt so, als hätte diese Erfahrung mit dafür gesorgt, dass sich Hazal Ocak auf die Themen Umwelt, Stadtentwicklung und Klima spezialisiert hat.

Für ihre Recherchen, die unter anderem auch in der taz erschienen, wurde sie als beste Nachwuchsjournalistin und mit dem hoch angesehenen Sedat-Simavi-Preis des türkischen Journalistenverbandes ausgezeichnet. Doch ihre Arbeit und die ihrer Kol­le­g:in­nen sei „zunehmend schwierig“, schreibt Ocak. In einem Text schrieb sie darüber, dass Fahrettin Altun, der Kommunikationschef des Präsidenten, in einem geschützten Gebiet des Bosporus illegal einen Pavillon errichtet hat; das Gelände wiederum pachtete er günstig von der Direktion, die das Gebiet verwaltet. Nach Erscheinen des Textes reichte Altun Klage gegen Ocak und weitere Mitglieder der Redaktion ein mit der Begründung, seine Adresse werde im Text genannt und er somit potenziell Ziel eines Terroranschlags.

Tatsächlich, so schreibt Ocak, werde Altuns Adresse in dem Text nicht genannt, zudem gehöre er als Pressechef nicht zu dem Personenkreis, der mit Terrorabwehr beschäftigt sei. Das Gericht sprach sie frei – doch Altun legte Berufung dagegen ein. Nun drohen Ocak erneut bis zu 14 Jahre Haft, sollte sie verurteilt werden.

Ocak schreckt nicht davor zurück, auch das familiäre Umfeld von Präsident Erdoğan anzugehen: So schrieb sie über dessen Schwiegersohn und früheren Minister, Berat Albayrak, der sich mit Land auf der Route des von Um­welt­schüt­ze­r:in­nen kritisierten Istanbul-Kanals bereicherte. Auch Albayrak ist nach einem Freispruch für Ocak in Berufung gegangen.

In Hamburg will sie ein Buch darüber ­schreiben, wie sie die Prozesse erlebt hat –eines in Alltagssprache. „Ich weiß nicht, welchen Druck ich erleben werde, wenn es veröffentlicht ist“, schreibt sie dazu. Es nicht zu veröffentlichen, davon ist nicht die Rede. Und weil Hazal Ocak ein Mensch mit viel Energie ist, hat sie noch ein Ziel für die Zeit in Hamburg: Deutsch lernen und zwar richtig gut. Unterricht hatte sie schon in der Türkei und den will sie nun fortsetzen. Friederike Gräff