Klimaschutzgesetz verwässert: Mehr Beliebigkeit beim Klima

Das reformierte Klimaschutzgesetz sieht nach mehr aus, als es ist. Und es verschiebt Verantwortlichkeiten. Das ist ein Skandal.

Hochwasser im bayerischen Babenhausen von oben

Viele Straßen sind in Babenhausen im bayerisch-schwäbischen Landkreis Unterallgäu überflutet, am 1.6.2024 Foto: Nikolas Schäfers/dpa

Die Bundesregierung genehmigt sich selbst mehr Beliebigkeit beim Klimaschutz. Dabei gibt es allein in Deutschland jeden Sommer Tausende Hitzetote, Flutwellen zerstören das Hab und Gut vieler Menschen, die Wälder erholen sich kaum noch zwischen den Dürreschocks. Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen ziehen deshalb gegen die Reform des Klimaschutzgesetzes vor das Bundesverfassungsgericht. Gut so.

In der Theorie ist die Welt noch in Ordnung: Das Klimaschutzgesetz sieht auch nach seiner Reform nicht vor, dass Deutschland mehr CO2 in die Atmosphäre entlässt als zuvor geplant. Aber dass einzelne Mi­nis­te­r*in­nen nachsteuern müssen, wenn ihre Zuständigkeitsbereiche zu klimaschädlich sind, entfällt. Die Regierung will zusammen für die Klimaziele einstehen – aber dabei verschwimmen die Verantwortlichkeiten.

Und der Plan, die Klima-Arbeitsverweigerung etwa von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) durch Übererfüllung in anderen Bereichen auszugleichen, hat einen Denkfehler: Dass es beispielsweise bei der Industrie zuletzt noch CO2-Spielraum gab, hängt mit der Wirtschaftsflaute zusammen. Geht die Produktion von Glas, Stahl und Co wieder hoch, ist der positive Klimaeffekt dahin. In der Praxis will sich die Ampel also auf einer Flexibilität ausruhen, mit der sie nicht sicher rechnen kann. Letztlich müssen die Emissionen von Unternehmen und von uns allen auf null.

Die Verwässerung des Klimaschutzgesetzes ist der eine Skandal. Der zweite: dass sich die Regierung nach der neuen Version des Gesetzes richtet, bevor die überhaupt gilt. Zwar hat der Bundespräsident die Reform gerade unterschrieben, sodass ihr Inkrafttreten nun sicher, aber bis Montag eben noch nicht eingetreten ist. Bis dahin hätten Verkehrs- und Bauministerium nach bisheriger Rechtslage wegen gerissener CO2-Grenzwerte Sofortprogramme vorlegen müssen, haben das aber nicht getan. Nun könnte man sagen, dass Sofortprogramme nur aus Formgründen auch nichts gebracht hätten. Aber dass sich die Regierung an geltendes Recht hält – so viel Formalität darf schon sein.

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Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

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