Berliner Kinder- und Jugendhilfe: Der Kampf um die Hilfe

Der Berliner Notdienst Kinderschutz ist überlastet und kann keine Kinder mehr aufnehmen. Die Last tragen die Jugendämter.

Ein Jugendlicher beim Breakdancen

Breakdance gegen Sparzwänge Foto: dpa

BERLIN taz | Die rund 150 Menschen, die sich am Dienstagmorgen vor dem Roten Rathaus in Berlin versammeln, sind sauer. Sie schreien: „Jugendhilfe kollabiert, weil der Senat schlecht regiert.“ Denn die Lage in der Kinder- und Jugendhilfe verschärft sich immer weiter.

Von den politisch Verantwortlichen werde das gekonnt ignoriert, so die Demonstrierenden. wird. Wir erwarten, dass wir dialogisch an einer Lösung gemeinsam arbeiten“, sagt etwa Verena Bieler von der aus Ver­tre­te­r:in­nen der Jugendhilfe bestehenden AG Weiße Fahnen. Bieler ist zugleich Vorsitzende des Landesverbandes Berlin des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit.

Ihr Ärger richtet sich insbesondere gegen Falko Liecke (CDU), den Staatssekretär für Jugend und Familie. Er und die Bildungsverwaltung hatten im Juni einen Aufnahmestopp bei dem einzigen öffentlichen Träger für Kinder- und Jugendschutz verhängt, dem Berliner Notdienst Kinderschutz (BNK).

Der Schritt folgte freilich auf eine Überlastungsanzeige des BNK, der – wie andere Hilfestrukturen auch – unter einer chronischen Überforderung der Fachkräfte und des Auffangsystems leidet. „Seit Jahren weisen wir die politisch Verantwortlichen darauf hin, dass die Kinder und Jugendhilfe kaputtgespart wird“, sagt Verena Bieler. Und auch hier bleibe das Wegschauen der Politik schlussendlich an den Kindern und Jugendlichen hängen, die in der Folge mit unzumutbaren Zuständen zurechtkommen müssen.

Nichts ändert sich

Auf den Schildern der Protestierenden sieht man aufgemalte Kinderfiguren aus Pappe mit Aufschriften wie: „Miguel, 17 Jahre: Ich gehe lieber auf die Straße als nach Hause“. Oder: „Paula, 4 Jahre: Wo soll ich schlafen?“ Es sind die Einzelschicksale von Kindern und Jugendlichen, die einem erschreckend nahe bringt, welche direkten Folgen das staatliche Versagen an dieser Stelle hat.

Madeleine Griesbaum ist Sozialarbeiterin und arbeitet seit sieben Jahren im Jugendamt. „Und seit sieben Jahren stehe ich hier und es hat sich nichts geändert“, sagt sie. Langsam habe sie das Gefühl, dass die Jugendämter „das staatliche Wächteramt gar nicht mehr so ausüben können, wie es das Gesetz vorschreibt, und der Senat dabei zuschaut“. Schon zu lange gebe es diese strukturellen Probleme. Noch länger würden lediglich die Symptome bekämpft, ohne an den eigentlich wichtigen Punkten anzusetzen.

Klar ist: Das alles ist kein Problem, das sich kurzfristig beheben lässt. Ursächlich für die heutige Ausnahmesituation ist die kontinuierliche Unterfinanzierung. Auch das ist klar. Trotzdem sieht man am Ende der Kundgebung vor dem Roten Rathaus noch mal ein Hoffnungsschimmer. Und der besteht aus der Solidarität. Verena Bieler sagt: „Es tut so gut, dass wir hier nicht allein stehen.“

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