Späte Ehrung für eine queere Ikone

Das Grab von Charlotte von Mahlsdorf soll Berliner Ehrengrab werden. Die BVV Marzahn-Hellersdorf schickt das Bezirksamt in die Spur

Von Andreas Hergeth

In der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf wurde jetzt ein Antrag für ein Ehrengrab für Charlotte von Mahlsdorf beschlossen. „Sie war und ist eine der bedeutendsten queeren Ikonen Marzahn-Hellersdorfs und eine stadtbekannte trans Frau“, heißt es hierzu von der Grünen-Fraktion, die den Antrag eingebracht hat. Das Bezirksamt wird mit dem einstimmig angenommenen Beschluss aufgefordert, erneut einen Antrag an den Senat zu stellen, die Grabstelle von Charlotte von Mahlsdorf als Ehrengrabstätte des Landes Berlin anzuerkennen.

Marzahn-Hellersdorfs Grünen-Fraktionschefin Chantal Münster sagt, sie freue sich, dass mit der Ehrung Charlotte von Mahlsdorfs im Pride Month ein Zeichen gesetzt werden konnte. „Nicht nur der Nollendorfkiez hat queere Kultur und Ikonen, auch wir haben mit Lottchen eine wahrlich beeindruckende Person hier gehabt.“

„Lottchen“ wurde 2002 auf dem Evangelischen Waldkirchhof Mahlsdorf an der Rahnsdorfer Straße neben ihrer Mutter beigesetzt. Bei vom Senat per Beschluss bestätigten Ehrengrabstätten übernimmt das zuständige Bezirksamt die Kosten für die Pflege. Mit Ehrengrabstätten werden Verstorbene gewürdigt, die sich durch ihr überragendes Lebenswerk um Berlin verdient gemacht haben.

Das ist bei Charlotte von Mahlsdorf (1928–2002) der Fall, sagen nicht nur die Grünen. Ihr Lebenswerk kann bis heute im von ihr gegründeten Gründerzeitmuseum Mahlsdorf begutachtet werden, es wird in ihrem Geist fortgeführt. Das Museum entstand bereits 1959/60 im Gutshaus Mahlsdorf, das abgerissen werden sollte. Das Haus wurde zu einem wichtigen inoffiziellen Treffpunkt von Lesben und Schwulen in der DDR. Zur Geschichte gehört aber auch die Verpflichtung Charlotte von Mahlsdorfs als IM des Ministeriums für Staatssicherheit.

Zu Wendezeiten wurde sie auch im Westen bekannt, ließ sich in Talkshows einladen, schrieb ihre Autobiografie „Ich bin meine eigene Frau“, die 1992 verfilmt wurde. Vielleicht sollte man das Buch aus diesem Anlass noch einmal lesen. Denn Charlotte von Mahlsdorf war entgegen eines weit verbreiteten Irrtums keine Transperson, sondern ein männlicher Trans­vestit – genau so erzählte sie es auch in den Talkshows. Das Wort „queer“ war damals noch nicht in Mode. So oder so bleibt sie eine Ikone der queeren Bewegung. Der Bund ehrte sie 1992 mit dem Bundesverdienstkreuz. Das sollte nun auch der Senat anerkennen. Der Bezirk hat 2018 eine Straße nach ihr benannt.