Offener Brief italienischer Autoren: Kritik an Eingriff der Politik

Italien ist Gastland auf der Frankfurter Buchmesse. Italienische Schrift­stel­le­r*in­nen haben einen offenen Brief an den Messedirektor geschrieben.

Roberto Saviano

Roberto Saviano Foto: andrea Alfano/picture alliance

Eigentlich ist die Frankfurter Buchmesse für das Ehrengastland eine Chance, sich einem breiten Publikum vorzustellen. Schrift­stel­le­r*in­nen reisen an, Übersetzungen werden präsentiert, Geschäftsbeziehungen entstehen. Die Stimmung in der italienischen Delegation ist aber alles andere als entspannt, die Gründe dafür sind in Rom zu suchen.

Denn es kracht zwischen den italienischen Schrift­stel­le­r*in­nen und der Regierung von Giorgia Meloni. Ende Mai hatte der „Fall Saviano“ für Empörung gesorgt: Der Mafiaexperte und regierungskritische Schriftsteller war nicht in die italienische Delegation für die Buchmesse eingeladen worden – mit fadenscheinigen Begründungen des von Melonis Kabinett ernannten Buchmessebeauftragten Mauro Mazza.

Als Folge sagten Autoren wie Paolo Giordano, Sandro Veronesi und Francesco Piccolo aus Solidarität ihre Teilnahme ab, andere positionierten sich klar gegen die Regierung. Nun haben 41 Autorinnen und Autoren am Montag einen offenen Brief veröffentlicht, der an den Präsidenten des italienischen Verlegerverbands, Innocenzo Cipolletta, und den Direktor der Buchmesse, Jürgen Boos, adressiert ist.

Es geht in dem Brief, unterzeichnet unter anderem von Paolo Giordano, Antonio Scurati, Dacia Maraini und Francesca Melandri, nicht nur um Saviano. Der Eingriff der Politik, schreiben die Autor*innen, äußere sich „nicht nur in der systematischen Besetzung aller Entscheidungspositionen in der Kulturbranche nach politischer Treue, sondern auch in mehr oder weniger expliziten Formen der Zensur, in persönlichen, diskreditierenden Angriffen und in der skrupellosen Nutzung von Gerichtsverfahren gegen Schriftsteller, Journalisten und Intellektuelle durch die Machthaber“.

Keine Duette zwischen Ita­lie­ne­r*in­nen

Die Kritik am italienischen Komitee ist dabei nicht nur politischer, sondern auch inhaltlicher Natur. Die Autorinnen und Autoren beklagen, dass das vom Komitee erarbeitete Programm nicht den kulturellen Austausch, sondern vielmehr „Duette zwischen italienischen Autoren“ fördere. Diese sollen auftreten und zu bestimmten Themen miteinander sprechen, ein Ansatz, der in dem Brief als „unbesonnen“ bezeichnet wird. Interkulturelle Veranstaltungen würden der Initiative Einzelner und ihrer deutschen Verlage überlassen, so der Vorwurf.

Das zeuge von „einer fehlenden kulturellen und verlegerischen Strategie“ des italienischen Komitees. Mit ihrem Brief wollen die Autorinnen und Autoren daher vor allem eines: mehr öffentliche Begegnungen mit ihren deutschen und anderen europäischen Kolleginnen und Kollegen anstoßen. Auch angesichts der Ergebnisse der letzten Europawahlen.

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