Schwaches EM-Niveau: Völlig überspielt

Die EM wird sportlich nicht in bester Erinnerung bleiben. Kein Wunder, denn mancher hatte schon 64 Saisonspiele in den Knochen.

Xhaka hält sich im Zweikampf gegen Bellingham die Hände an den Kopf

Wäre so in der Bundesliga wahrscheinlich nicht aufgelaufen: Granit Xhaka mit Muskelfaserriss gegen England Foto: Hassan Ammar/ap

Jetzt steht neben Spanien also England im Finale, die Mannschaft, die am meisten Kritik abbekommen hat bei dieser EM. Halbfinalverlierer Frankreich hatte am Ende nur ein Tor aus dem Spiel heraus erzielt. Egal, wer sich am Sonntag in Berlin den Titel holt, die EM war sicherlich nicht überladen mit schönem Fußball – und das sieht man nicht nur an England und Frankreich. Attraktiver Fußball scheint out zu sein bei der EM. Woran liegt’s?

Gareth Southgate, der vor allem in der Gruppenphase viel kritisierte Trainer Englands, scheint nach dem Credo „weniger sexy, mehr Erfolg“ zu spielen. Dieser Weg führte den BVB unter Trainer Edin Terzić bis ins Champions-League-Finale. Auch Southgate steht nun in einem großem Endspiel. Hat die mangelnde Spielqualität also taktische Gründe? Zum Teil gewiss, aber eben nur zum Teil. Die offensichtlichen Unterschiede zwischen dem Spiel der großen Klubmannschaften und den Nationalteams bei Turnieren haben tiefer liegende Ursachen.

Klubteams sind besser eingespielt als die Nationalmannschaften. England quälte sich regelrecht durch die Gruppenphase. Im Achtelfinale war die Truppe dann gerade mal gut genug, um die Slowakei nach Verlängerung zu schlagen. Da spielte ein gewisser Peter Pekarik, der in den vergangenen Jahren so viel Zeit damit verbrachte, bei Hertha BSC auf der Bank zu sitzen, dass ein Großteil der Fans bei seiner Verabschiedung überrascht war, dass er tatsächlich noch Herthaner war.

Xhaka hätte in der Liga so nie gespielt

Vielleicht muss man sich nicht wundern über die spielerische Mittelmäßigkeit der nominell besseren Teams. Der Schweizer Granit Xhaka hatte schon 64 Saisonspiele in den Beinen, als er gegen England mit einem Muskelfaseriss auflief. 120 Minuten bleib er auf dem Feld. Er konnte keine Diagonalbälle schlagen, und einen Fernschuss absetzen konnte er schon gar nicht. In der Bundesliga hätte er nie und nimmer gespielt. Bei der EM musste er auflaufen, so wie zahlreiche andere Profis, die völlig überspielt zum Turnier am Ende der Saison angereist waren. Den besten Fußball wird nicht erwarten können, wer weiß, wie viele Kilometer die Spieler schon in den Beinen haben.

Dafür gibt es ja diese spezielle EM-Atmosphäre, mag man einwenden. Für die anderen bleibt der Trost, dass der Klubfußball nur eine kurze Pause macht. Wem die ein, zwei Wochen bis zum Start der Regionalliga zu lange sind, kann ja schon mal die Quali für die Champions League anschauen. Da bahnen sich durch die Lincoln Red Imps (Gibraltar) und KI Klaksvik (Färöer) schon erste Sensationen an.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.