Zu Besuch in Peking: Orbán auf „Friedensmission 3.0“

Der ungarische Regierungschef gefällt sich in der Rolle des Friedensvermittlers zwischen dem Westen, der Ukraine und Russland. Kritik prallt an ihm ab.

Die Präsidenten Orban und Xi Jinping .

Überraschendes Treffen der Präsidenten: Orban bei Xi Jinping in Peking Foto: China Daily/reuters

BERLIN taz | Nach Stippvisiten in Kyjiw, Moskau und Şuşa in Aserbaidschan führt die Reiseroute des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán nun nach Peking. Überraschend traf sich Orbán am Montag mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping, um über seine „Friedensmission 3.0“ zu sprechen. Der ungarische Regierungschef hält China für einen entscheidenden Akteur, um Bedingungen für Frieden im Krieg zwischen der Ukraine und Russland auszuloten.

China sieht sich im seit rund zweieinhalb Jahre andauernden Ukraine-Krieg als neutrale Partei. Die westlichen Verbündeten werfen Peking jedoch vor, den russischen Angriffskrieg nicht verurteilt zu haben und auch weiterhin gute Verbindungen nach Moskau zu pflegen. Wie eng die Bande sind, zeigte sich bereits vergangene Woche beim Gipfel der Shanghai Cooperation Organization in Kasachstan.

Rund eine Woche später traf er sich mit Xi erneut. Dieser forderte die Ukraine und Russland zu direkten Friedensverhandlungen auf. Die internationale Gemeinschaft drängte er dazu, sich für einen Waffenstillstand einzusetzen.

Wenig überraschend sorgte Orbáns neues Reiseziel erneut für Irritationen innerhalb der EU, der Nato und auch der Bundesregierung. Allseits betonte man, dass Orbán kein Mandat der internationalen Partner hätte und nicht Repräsentant Europas sei, sondern im eigenen Auftrag handeln würde. Man bemühte sich um Distanzierung und Schadensbegrenzung.

Selenskyj bei Tusk in Warschau

Ungarn hat zum 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Bereits am zweiten Tag reiste Orbán nach Kyjiw, um seine Pläne mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu besprechen. Darauf folgte ein Besuch beim russischen Präsidenten Wladimir Putin. Ungarn hält trotz der Kriegslage an Beziehungen zu Russland fest. Sowohl Sanktionen gegen Russland als auch finanzielle Hilfen für die Ukraine seitens der EU hatte Ungarn mehrfach verzögert. Kritik übte Orbán auch an den EU-Beitrittsverhandlungen mit Kyjiw, die Mitte Juni begannen.

Selenskyj traf sich am Montag mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Polen und die Ukraine unterzeichneten während des Besuchs ein Sicherheitsabkommen. Ähnliche Vereinbarungen gibt es bereits mit den USA, Deutschland, Frankreich oder Großbritannien. Auch in Warschau sorgte die Orbán-Reise für Gesprächsstoff – und für Unmut. Niemand könne über Frieden in der Ukraine ohne eine Beteiligung der Ukraine entscheiden, sagte Tusk.

Russlands Bedingung für Verhandlungen ist, dass Kyjiw Territorium aufgibt und Bestrebungen, sowohl der EU als auch der Nato beizutreten, nicht weiterverfolgt. Die ungarische Friedensmission unterscheidet sich deutlich von den Wünschen Selenskyjs, der weder auf Gebiete noch auf den Weg Richtung Europa verzichten will.

Mitte Juni hatte der ukrainische Präsident gemeinsam mit der Schweiz zu einer Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock nahe Luzern eingeladen. Rund 100 internationale Delegationen kamen dort zusammen, um über einen Fahrplan für mögliche Verhandlungen zwischen Kyjiw und Moskau zu sprechen. Russland nahm nicht an dem Treffen teil. Die nächste Konferenz dieser Art soll in Saudi-Arabien stattfinden. Zeitpunkt und Rahmenbedingungen stehen noch nicht fest.

Orbáns nächstes Reiseziel: Washington. Ab Dienstag kommen die Mitglieder des Militärbündnisses zusammen, um 75 Jahre Nato zu feiern und um über weitere Unterstützung für die Ukraine zu sprechen. Bisher war es Noch-Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht gelungen, die Bündnisstaaten von langfristigen Hilfen zu überzeugen. Die Bremser: Ungarn und die Türkei.

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