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: „Viele haben Angst, dort vorbeizugehen“

Das Freie Radio in Neumünster stellt sich vor – und belebt die Innenstadt mit einem Rockkonzert

Interview Robert Matthies

taz: Herr Fobian, Neumünster ist als unbehaglich verschrien, Stichwort „Neufinster“. Ist es wirklich so schlimm?

Peter Fobian: In der Stadt gibt es zwei Probleme, die auch ein linkes Radio wie unseres beschäftigen. Das ist einmal seit vielen Jahren die rechtsextreme Szene, die wir hier um den ehemaligen „Club 88“ und „Titanic“ haben. Es ist da ein bisschen ruhiger geworden, aber die Rechten haben mit ihrer Gruppierung „Heimat“ auch ein paar Plätze im Stadtparlament. Deshalb wird es am Samstag, wenn wir den Großflecken in der Innenstadt beleben, auch eine Aktion geben, um Gesicht gegen rechts zu zeigen.

Und das zweite Problem?

Es gibt seit Längerem eine Verunsicherung über Kriminalität und Drogen. Im Rencks Park gab es eine starke Drogenszene. Nebenan steht ein großes Gebäude leer. Viele, gerade Ältere, haben Angst, dort vorbeizugehen. Vor einem Dreivierteljahr hat die Polizei angefangen zu kontrollieren und Videokameras hinzustellen. Das hat zu einer Entspannung, aber auch zu einer Verdrängung geführt. Nun gibt es eine Aktion: Wir holen uns den Park zurück. Das ist eine Bürgergruppe, die Veranstaltungen macht, um so für mehr Belebung zu sorgen. Das sind die beiden Probleme, gegen die wir auch als Radio angehen.

Wie denn?

Foto: Freies Radio

Peter Fobian

*1950, ist Redakteur im Freien Radio Neumünster und freiberuflich als Mediator und Coach tätig.

Es gab hier gerade die sogenannte „Holstenköste“, und wir haben eine Sendung gebracht: eine Stunde schöne Lieder über Neumünster, zum Beispiel „Neumünster, bezaubernde Dreckstadt“ von Lennon von Seth.

Es gibt ein paar regelmäßige Kulturevents, die Menschen in die Innenstadt locken sollen. Klappt das?

Ja, über die „Kultournacht“ im April haben wir als Radio auch live berichtet. Da gibt es Stationen mit Kunst und Kultur und ein bisschen was zu essen und zu trinken. Das belebt die Stadt. „Kunstflecken“ im Herbst bringt auch viele in die Stadt. In diesem Rahmen findet auch das Straßenmusikfestival „BaDaBoom“ statt. Aber Neumünster ist eher eine ältere Stadt – uns fehlt eine Hochschule. Es gibt Ansätze, einen Krankenpflege-Studiengang hierher zu holen, und lokale Logistikunternehmen versuchen, einen für Logistik zu starten. Vielleicht kämen dann mehr junge Leute, das belebt eine Stadt ja auch.

Was für ein Event veranstalten Sie jetzt im Rahmen des Landes-Programms „Urbane Intervention“?

Infos und Konzert „Fleckenretter“ mit Devil’s Breakfast, Mustangs of Fire und The Crumbs: Sa, 6. 7., 12–17 Uhr, Groß­flecken, Neumünster

Das Freie Radio Neumünster wird betrieben von rund 20 Ehrenamtlichen und ist zwischen Norderstedt und Kiel auf 100,8 MHz, DAB+ sowie als Stream zu empfangen: freiesradio-nms.de

Wir gehen als „Fleckenretter“ am Samstag auf diesen großen Platz, stellen eine Bühne auf und stellen uns als Radio vor. Ich werde die Ra­dio­ma­che­r*in­nen kurz interviewen. Es gibt ein kleines Quiz, da gibt es DAB+-Radios zu gewinnen. Und wir machen ein Open-Air-Rockkonzert: Wir haben im Haus rumgefragt und haben drei Bands gefunden, Devil’s Breakfast, Mustangs of Fire und The Crumbs. Die Stadtpräsidentin macht die Begrüßung, und es ist alles umsonst und draußen.

Mit „im Haus“ meinen Sie die „Taktfabrik“, in der Ihre Studios untergebracht sind?

Ja, wir haben in Neumünster viele alte Industriegebäude. Eines davon haben Investoren vor ein paar Jahren gekauft und die ganzen Räumlichkeiten so hergerichtet, dass es Probenräume für Bands gibt. Die haben ja im ganzen Land Probleme, welche zu finden. Das Ding ist ausgelastet und dort haben wir auch unser „Funkhaus“, also unsere Studios. Das ist natürlich schön, weil es Synergieeffekte gibt. Wir haben gedacht, das müssen wir doch mal verbinden. Wir haben uns fürs Projekt „Urbane Intervention“ beworben und das ist jetzt unser Beitrag zur Belebung der Innenstadt.