Mietpreisentwicklung in Niedersachsen: Eine Bremse, die nichts bringt

Niedersachsens Landesregierung erweitert die Zahl der Wohnorte, an denen die Mietpreisbremse gilt. Die Mieten steigen trotzdem immer weiter.

Berliner Hausfassade mit der Aufschrift "Mieten runter".

Mieten runter? Schön wär's. Hausfassade in Berlin im Oktober 2023 Foto: Monika Skolimowska/dpa

Mie­te­r:in­nen in Rotenburg (Wümme), in Lingen oder in Bovenden bei Göttingen sollten jetzt wohl glücklich sein. Schließlich hat ihnen die rot-grüne Landesregierung doch Gutes getan und ihren Wohnorten und 54 weiteren attestiert, einen „angespannten Wohnungsmarkt“ zu besitzen. Deshalb greift bei ihnen nun auch die Mietpreisbremse und sie müssen sich künftig nicht mehr wegen massiv steigender Mieten sorgen. Danke, danke! Danke?

Leider nein. Wie Grüne und SPD in Niedersachsen dieses Instrument noch im Jahr 2024 tatsächlich für eine gute Idee halten können, ist schleierhaft. Es hat sich längst gezeigt, dass die Mietpreisbremse nichts bringt.

Der Mietmarkt hat im ganzen Land nun seit zwei Jahrzehnten bald eine Ralley hinter sich, von den großen Städten ausgehend bis hin aufs Land, bei der es nur in ganz kurzen Augenblicken so aussah, als würde sie enden. Stattdessen steigen und steigen die Mieten. Vor rund einem Jahrzehnt griff die Politik dann in mehreren Bundesländern und später auf Bundesebene die Idee einer Mietpreisbremse auf.

In Hannover gilt sie, auch in einer größeren Metropole wie Hamburg und in kleineren Städten wie Lüneburg oder Göttingen. Dass dort nun aber mie­te­r:in­nen­freund­li­che Zustände herrschen, kann niemand behaupten. Der Mietenspiegel in Hannover etwa liegt mittlerweile bei rund 8,50 Euro pro Quadratmeter und damit acht Prozent höher als noch im Jahr zuvor. Wer aktuell auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, muss diese Summe sogar noch für paradiesisch niedrig halten, denn der Mietenspiegel blickt immer nur auf die vergangenen Jahre zurück. Die dort ausgewiesenen Mieten sind also immer niedriger ist die, die gerade wirklich auf dem Markt angeboten werden.

Umverteilung zugunsten der Immobilienbesitzenden

Das liegt an der Ausgestaltung der Mietpreisbremse. Demnach darf bei der Wiedervermietung die Miete höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bei bestehenden Mietverhältnissen dürfen Ver­mie­te­r:in­nen die Miete innerhalb von drei Jahren nur um höchstens 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen.

Man muss sich diese Prozentzahlen immer wieder vor Augen führen: 15 Prozent Mieterhöhung in drei Jahren sind zulässig. Nicht einmal Tariflöhne sind in der Vergangenheit auch nur in ähnlichem Maß gestiegen. Das hat zur Folge, dass immer mehr vom Geld für die Miete draufgeht und eine massive Umverteilung zugunsten der Immobilienbesitzenden stattfindet.

Nun wird bei der Mietpreisbremse als Argument angeführt, dass es ohne sie ja noch schlimmer wäre. Das könnte sogar richtig sein, so genau kann das niemand wissen. Die Frage ist aber: Was sagt das über Niedersachsens rot-grüne Regierung, wenn sie die Botschaft aussendet: Ohne uns wäre es halt noch schlimmer. Soll das ernsthaft der Anspruch zweier Parteien sein, die für sich reklamieren, soziale Politik betreiben zu wollen? Ein wenig scheinen sie es selbst zu wissen. Richtig optimistisch klingt der zuständige Bauminister Olaf Lies (SPD) jedenfalls nicht, wenn er sagt, nun könne die Mietentwicklung „mindestens gedämpft werden“.

Ideen, um das Problem der immer größeren Belastung der Mie­te­r:in­nen anzugehen, gibt es genug – da müssen wir noch nicht mal von Enteignungen sprechen. Schon eine Besteuerung jener Vermieter:innen, die zu hohe Mieten einstreichen und damit von den erheblichen Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt profitiert haben, wäre ein Ansatz. Dadurch wären Ver­mie­te­r:in­nen entweder künftig davon abgeschreckt, zu hohe Mieten zu verlangen – andernfalls flösse Geld in den Bau von Sozialwohnungen. Oder Mie­te­r:in­nen könnten mit höheren Zuschüssen entlastet werden.

Es braucht nur Parteien, die einen anderen Anspruch haben als den, dass es ja noch viel schlimmer sein könnte.

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Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

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