Neben Entsorgung von Atommüll nun die Rente

Die größte öffentlich-rechtliche Stiftung in Deutschland soll die Lücke in der Rentenversicherung stopfen helfen – mit einem hohen Anteil an Aktien

Mit dem Geld der ehemaligen AKW-Betreiber läuft der Fonds bisher ganz gut: Noch gibt es aber kein Endlager für den Atommüll Foto: Ernst Weingartner/imago

Von Björn Hartmann

Im Westteil Berlins residiert in einem schlichten Bürohaus ein staatlicher Fonds, der sehr erfolgreich Milliarden Euro verwaltet. Er stellt sicher, dass Deutschland genug Geld für ein Atomendlager hat. Lange ein Spezialthema – doch nun bekommt der sogenannte Kenfo wohl neue Aufgaben, die sehr viele Menschen betreffen: Er soll künftig helfen, die Rente zu sichern.

Gestartet ist der Fonds im Juni 2017. Er ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung und verwaltet 24,1 Milliarden Euro Kapital. Es stammt von den Konzernen, die die Atomkraftwerke in Deutschland betrieben haben und verpflichtet wurden, das Geld für die Sicherung des Atommülls zurückzulegen. Im Zuge des Atomausstiegs übernahm der Staat die Entsorgung, das Geld dafür überwiesen die Firmen an den Fonds für die Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, kurz Kenfo.

Seither investiert Kenfo recht erfolgreich. 2023 betrug die Rendite 11,1 Prozent, Zielvorgabe waren 4,2 Prozent. Profitiert hat er vor allem von der Erholung der Aktienmärkte. Grundsätzlich soll er möglichst viel Ertrag erzielen und dabei darauf achten, dass die Investitionen nachhaltig sind. Das bedeutet auch: In Atomtechnik wird kein Geld gesteckt, in Ölfirmen wegen der Erträge schon. Über seine Beteiligung dort will der Fonds auf mehr Nachhaltigkeit hinwirken. Seit 2019 ist der CO2-Abdruck der betroffenen Anlagen um fast 60 Prozent gesunken.

Zurzeit ist 46 Prozent des Geldes in Aktien und handelbaren Immobilienpapieren angelegt, sogenannten Reits. 28 Prozent ist in Anleihen von Unternehmen und Schwellenländern investiert, je 9 Prozent in Staatsanleihen der Industrieländer und Anlagen, die nicht an Börsen gehandelt werden. Dazu gehört Infrastruktur wie Solar- und Windanlagen, Glasfasernetze und Datenzentren, Nahverkehrszüge und Bahnstrecken. Zudem beteiligt sich der Fonds an Unternehmen. Bis 2028 soll der Anteil der Aktien auf 35,5 Prozent sinken, der nichtbörslicher Investments auf 29 Prozent steigen.

Angelegt wird weltweit und immer in kleinen Anteilen, um das Risiko zu streuen. Für den Kenfo arbeiten knapp 50 Beschäftigte. Die Anlagen verwalten mehr als 50 Investmentpartner weltweit. Angesichts der großen Summen profitiert der Fonds von guten Konditionen.

Das Geld des Kenfo soll bis zum Ende des Jahrhunderts reichen, der Anlagehorizont ist 75 Jahre. Schließlich wird das deutsche Endlager für hochradioaktiven Müll noch Jahrzehnte auf sich warten lassen. Ein Standort ist wohl frühestens 2046 gefunden. Danach muss noch erforscht und gebaut werden. Bereits jetzt überweist der Fonds jedes Jahr Geld ans Bundesumweltministerium, das damit die Kosten der Endlagersuche und Entsorgung bezahlt. 2023 waren es 636,8 Milliarden Euro, dieses Jahr sollen es 797 Millionen sein. Insgesamt sind bisher 3,664 Milliarden Euro geflossen.

Weil zugleich der Wert der Anlagen gestiegen ist, ist das Fondskapital nicht geschrumpft, sagte Finanzchef Thomas Bley. Für 2024 rechnet er mit weiter steigenden Erträgen. Außer die geopolitischen Spannungen führen zu einer neuen Krise – andererseits hat der Fonds schon Corona, den Angriff auf die Ukrai­ne mit dem Energiepreisschock sowie zweistellige Inflationsraten gut überstanden.

Ein Risiko sind neue Krisen durch Spannungen in der Geopolitik

Auch weil der Kenfo so erfolgreich ist, plant die Bundesregierung eine weitere, ähnliche Stiftung. Sie soll das sogenannte Generationenkapital verwalten. Es wird Teil der gesetzlichen Rente. Bisher finanzieren diejenigen, die arbeiten, die Rente der Ruheständler. Weil die Zahl der Rentner steigt, die der Jüngeren aber sinkt, drohen riesige Löcher in der Rentenversicherung. Deshalb soll an den Finanzmärkten vorgesorgt werden.

Geplant ist zurzeit wohl, jährlich 12 Milliarden Euro anzulegen, beschlossen ist bisher nichts. Sollte das Gesetz bis Anfang November durch Bundestag und Bundesrat sein, könnte die neue Stiftung noch 2024 starten. Angesiedelt werden soll sie zu Anfang beim Kenfo und auch von dessen Wissen und Kontakten profitieren.

Die Anlagestrategie dürfte jedoch anders aussehen. Beim Generationenkapital ist erst 2036 eine erste Auszahlung an die Rentenkasse geplant. Der Ak­tienanteil könnte bei 80 Prozent liegen, was die Erträge erhöht, allerdings auch das Risiko von Verlusten. Weil der Kenfo seit dem Start jährlich Geld ausschütten muss, sind seine Anlagen etwas risikoärmer.