hingucker
: Free Basti!

Foto: Sina Schuldt/dpa

Das ARD-Mikro hält er stets aufrecht und brav auf Kinnhöhe. Auf den Lippen immer ein höfliches Lächeln. Die mittlerweile ergrauten Haare sitzen, wie die Klamotten, ordentlich und die kontrollierten Antworten kommen leicht genuschelt daher, während sein Blick immer leicht an Co-Moderatorin Esther Sedlaczek vorbeischweift. Es kann schon mal passieren, dass beim EM-Schauen vor dem Späti in Berlin-Kreuzberg jemand verwirrt auf den etwas verhaltenen Fußballexperten zeigt und fragt: „Kennt man den nicht irgendwoher?“

Ja, möchte man da fast schon entsetzt antworten. Das ist Bastian Schweinsteiger! Cham­pions-League- und Pokalsieger, deutscher Meister, Weltmeister! Sommermärchen-Schweini! Der mit Poldi (heute Check24) mal das deutsche Dream-Duo bildete. Der boarische Bua, der als Teenie beim FCB zunächst weniger als Mittelfeldspieler, sondern wegen ständiger Frisurenwechsel und zu schnellem Fahren für Aufmerksamkeit sorgte. Und wegen diesem Whirlpool-Skandal mit seiner angeblichen Cousine …

Das war mal. Aus Schweini ist längst Schweinsteiger geworden, scheinbar ein reifer Familienvater, ein Experte, der weiß, wie man sich als solcher zu verhalten hat. Doch: so richtig gelassen wirkt er nicht. Direkt in die Kamera traut er sich auch nicht zu schauen. Und manch eine Zuschauerin fragt sich: Leidet er? Möchte er fliehen? Braucht er Hilfe? Und dann: Kurz schimmert es durch, sein wahres Selbst.

Nach dem portugiesischen Sieg gegen Tschechien etwa. Das Siegtor war nur gefallen, weil der Schiri ein vorausgehendes Foul nicht gepfiffen hatte. Bei der Spielbesprechung kann auch Schweinis höfliches Lächeln seinen Ärger nicht verbergen. „Das stört mich! So was muss der Schiedsrichter sehen“, bricht es aus ihm heraus. Dann bewahrt er doch Contenance.

Kurz war er da. Er selbst. Befreit. Man möchte rufen: Free Basti! Ruth Fuentes