Südafrikas Präsident im Amt bestätigt: Jetzt Hoffnung auf Veränderung

Mit den Stimmen der DA-Opposition schafft ANC-Präsident Ramaphosa die Wiederwahl. Die Erwartungen in seine zweite Amtszeit sind groß.

Cyril Ramaphosa klatscht in die Hände

Für seine Verhältnisse freut sich Cyril Ramaphosa ausgelassen: In Südafrikas Parlament nach seiner Wiederwahl Foto: Nic Bothma/reuters

KAPSTADT taz | Nun steht fest, worüber in den vergangenen zwei Wochen spekuliert wurde: Südafrikas neuer alter Präsident heißt Cyril Ramaphosa. Der 71-jährige Amtsinhaber ging am Freitagabend als Sieger aus der Abstimmung über den Posten des Staatschefs in der ersten Sitzung des neuen Parlaments hervor – obwohl er seine Partei, den African National Congress (ANC), in eine historische Wahlniederlage geführt hat.

Mit lediglich 40 Prozent konnte Südafrikas Befreiungspartei nach den Wahlen am 29. Mai zum ersten Mal seit 1994 nicht mehr die absolute Mehrheit auf sich vereinen. Während anderswo ein Rücktritt wohl unumgänglich gewesen wäre, setzt der ANC auf Kontinuität.

Seinen Posten als Präsident konnte Ramaphosa jedoch nur mit den Stimmen seiner eigentlichen Rivalen halten. Am Vorabend der ersten Parlamentssitzung gaben der ANC und Südafrikas größte Oppositionspartei Democratic Alliance (DA) bekannt, künftig für das Wohl des Landes zusammenarbeiten zu wollen – ein Koalitionsdeal auf den allerletzten Drücker.

Am Ende waren es die Unterstützung des ehemaligen Erzrivalen DA und einiger kleiner Parteien wie der Inkatha Freedom Party (IFP), die Ramaphosa mit 283 von 339 Stimmen im 400-köpfigen Parlament erneut in das Präsidentenamt hoben. Seine Vereidigung zur zweiten Amtszeit ist für Mittwoch in der Verwaltungshauptstadt Pretoria vorgesehen. Wann er ein Kabinett vorstellt und welche Posten der ANC abgibt, ist noch offen.

Erste Amtszeit Stillstand – und nun?

Bei seinem ersten Amtsantritt 2018 wurde Ramaphosa noch als „Aufräumer“ gefeiert. Doch die „Ramaphoria“, die Euphorie, mit der der 71-jährige Jurist und Geschäftsmann einst bejubelt wurde, ist längst Ernüchterung gewichen. Ramaphosa hatte das Amt vorzeitig von Jacob Zuma übernommen, der aufgrund massiver Korruptionsskandale abgesetzt worden war. Der Wechsel zum Valentinstag 2018 erfolgte nach turbulenten Jahren, in denen Zuma systematisch die Staatskassen leergeräumt hatte.

Der Geschäftsmann Ramaphosa galt als geeignet, um das zerstörte Vertrauen der Südafrikaner in ihre politische Führung wiederherzustellen und die Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Heute aber wird der Name eher mit Stillstand assoziiert.

Mit der nun vorgesehenen „Regierung der Nationalen Einheit“ (GNU) wächst in Südafrika jedoch die Hoffnung, dass Ramaphosas zweite Amtszeit tatsächlich Veränderung bringen könnte. „Wir sind aufgeregt“, meint die Südafrikanerin Elise Kritzinger. „Es ist das erste Mal, dass die DA an der Regierung beteiligt ist. Ich komme aus einem Vorort von Johannesburg, aber habe Familie in Kapstadt. Man kann einen Unterschied zwischen den Provinzen sehen. Was in der Westkap-Provinz schon an der Tagesordnung ist, wünsche ich mir auch für meine Heimat.“

Während die vom ANC regierte Provinz Gauteng um Johannesburg mit Basisdienstleistungen wie einer geregelten Müllabfuhr kämpft, weist das von der DA regierte Kapstadt eine gute Regierungsbilanz und einen deutlich geringeren Korruptionsindex auf. Die Westkap-Provinz gilt als Musterbeispiel in Südafrika und Blaupause für das, was sich viele auch für den Rest des Landes wünschen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Südafrika von einer „Regierung der Nationalen Einheit“ gelenkt wird. Bereits 1994 war dies der Fall, doch die Ausgangslage heute ist eine andere. Nachdem der ANC 1994 klar gewonnen hatte, lud Nelson Mandela die Wahlverlierer unter Südafrikas letztem Weißen Präsidenten Frederik Willem de Klerk ein, dennoch mitzuregieren – ein Schritt im Sinne der Versöhnungspolitik Mandelas, obwohl der ANC hätte alleine regieren können.

ANC regiert jetzt deutlich geschwächt

Die heutige GNU geht der ANC jedoch in deutlich schwächerer Position ein, mit Querschläger Zuma an der Seitenlinie. Dessen neu gegründete Partei uMkhonto we Sizwe (MK) konnte im ersten Anlauf 15 Prozent auf sich vereinen. Und seine 58 Abgeordneten boykottierten die Parlamentssitzung. Der 82-jährige Ex-Präsident war gegen seine ehemalige Partei, den ANC, ins Rennen gegangen, ein Novum in der südafrikanischen Politik.

Die populistische MK war es auch, die dem ANC viele seiner Wähler abspenstig machte. Zuma sei der „nicht zu tötende Zombie“, titelte die südafrikanische Tageszeitung Daily Maverick über dessen Wiederauftauchen auf der politischen Bühne nach unzähligen Skandalen.

Die Parteiprogramme der DA und des ANC sind von wenig Gemeinsamkeiten geprägt. Und doch haben beide Parteien in den vergangenen 48 Stunden historische Gräben überwunden. Es ist eine Wahl, die viele „erste Male“ produziert hat: Ein ANC, der keine absolute Mehrheit erreicht hat; die Notwendigkeit einer Koalition; ein Ex-Präsident, der gegen seine eigene Partei in den Wahlkampf zieht; Erzrivalen, die sich an einen Tisch setzen, um für das Wohl ihres Landes Entscheidungen zu treffen.

Die Zukunft Südafrikas hängt nun von der Fähigkeit seiner Führung ab, diese ungewöhnliche Lage zu nutzen, um dringend benötigte Reformen voranzutreiben.

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