Drogenkranke an Hamburgs Hauptbahnhof: Linke gegen Verdrängung

Hamburgs Linke kritisiert „diskriminierenden Diskurs“ um Drogenkranke am Hauptbahnhof. Die Beratungsstelle Drob Inn solle am zentralen Ort bleiben.

Menschen sitzen in einem Park auf dem Rasen unter einer Laterne

Viele Menschen nutzten im Sommer 2023 die Wiese vorm Drob Inn. Verdrängung ist keine Lösung, konstatiert die Linke Foto: Georg Wendt/dpa

HAMBURG taz | Die Hamburger Linke beobachtet eine zunehmende Verelendung rund um den Hauptbahnhof. Mit einem Positionspapier will die ­Bürgerschaftsfraktion nun einem „repressiven, diskriminierenden Diskurs“ in Bezug auf die Situation dort entgegentreten.

Der Senat lasse sich von einer rechten Kampagne treiben, die den Bahnhof als „gefährlichsten“ Deutschlands brandmarke, kritisiert sie. Die vielschichtigen sozialen Problemlagen ließen sich aber „nur sozialpolitisch lösen“, sagt die linke Sozialpolitikerin Olga Fritzsche.

Nach ihren Beobachtungen geht die Polizei seit Ende 2022 verstärkt gegen Menschen vor, die tagsüber in der Innenstadt betteln oder lagern. Bereits seit 2017 gibt es den „Weckdienst“ der Polizei, der Obdachlose aus Ladeneingängen vertreibt. Der Senat selbst räumt ein, die negativen Auswirkungen der Obdachlosigkeit „so gering wie möglich“ halten zu wollen.

Fritzsche hat mit Akteuren der Sucht- und Wohnungslosenhilfe gesprochen und zeichnet ein anderes Bild. Weil sich im August-­Bebel-Park vor der Drogenhilfeeinrichtung „Drob Inn“ größere Gruppen versammelten, sei von einer „Sogwirkung“ die Rede gewesen.

Keine Crack-Schwemme, mehr Elend

Doch anders als oft suggeriert, gebe es nach Auswertung des Suchtberichts keine Ausweitung des Crack-Konsums oder gar eine regelrechte Crack-Schwemme, von der sogar gesprochen werde. Auch die Wohnungslosenhilfe habe keine Zunahme von Obdachlosen rund um den Bahnhof gemeldet. Richtig sei aber, dass Crack-Konsum schneller zur Verelendung führe. Das gelte auch für das Leben auf der Straße, so Fritzsche.

Die Linke kritisiert nicht nur Maßnahmen wie eine Kameraüberwachung mit künstlicher Intelligenz, das Waffen- und Alkoholverbot sowie die „Quattro-Streifen“, bei denen Polizei, Bundespolizei und zwei Sicherheitsdienste kooperieren. Kritisch sieht sie auch die Flankierung dieser Maßnahmen durch die Sozialbehörde, etwa durch den Einsatz von „Sozialraumläufern“, die Regeln durchsetzen sollen.

„Es findet eine Verdrängung in die Hinterhöfe und Seitenstraßen statt“, ergänzt die Sozialarbeiterin Nora Stärz, die neu für die Linke in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte sitzt. Das führe dazu, dass sich Anwohnerinnen und Anwohner wieder wie in den 1990er-Jahren über Drogenkonsumenten auf Spielplätzen und in Parks beschweren.

Konsum in Gruppen erlauben

Die Linke fordert deshalb, das viel genutzte Kontakt- und Drogenberatungsstelle Drob Inn zu erhalten und dort die Bedingungen zu verbessern. So soll sich Hamburg auf Bundesebene für eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes einsetzen. Denn das verbiete die Beihilfe zum Konsum, deshalb hielten sich so viele Menschen im August-Bebel-Park davor auf, sagt Fritzsche.

Wichtig seien zudem Notschlafstellen auch für aktiv konsumierende Abhängige, ein Ausbau von Substitutionsambulanzen auch für Menschen ohne Krankenschein sowie ein dezentraler Ausbau von Anlaufstellen, die rund um die Uhr geöffnet sind. Auch im Sommer benötigten die Betroffenen Schutz vor der Witterung. Die Stadt plant, die Parkwiese vor dem Drob Inn zu asphaltieren. „Das wird viel zu heiß“, warnt Stärz. „Das ist menschenfeindlich“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.