Tag der Architektur in Berlin: Pinker Wedding

„Einfach (um)bauen“ ist das Motto der diesjährigen Architekturschau. Mit dabei ist auch der Wedding. Bausenator Gaebler kündigt neue IBA an.

Menschen stehen vor dem „Café Leo“.

Seit einem Jahr in Betrieb: das neue „Café Leo“ Foto: Till Budde

BERLIN taz | Eine der Besonderheiten des Maxplatzes ist die „Pinke Ecke“. „Eigentlich sollen die einzelnen Elemente einer Platzgestaltung genderneutral sein“, sagt Barbara Willecke. „In diesem Fall wünschten sich die Mädchen vom Clara Mädchentreff aber einen Ort, wo sie sich treffen können“, sagt die Landschaftsarchitektin vom Büro planung.freiraum. Also stehen in der Pinken Ecke nun eine ebenso farbene Hollywoodschaukel und einige Sitzgelegenheiten.

Der umgestaltete Maxplatz im Wedding ist eines von vielen Beispielen für eine Architektur des Umbaus, mit denen die Architektenkammer Berlin den diesjährigen Tag der Architektur begeht. Abgerissen wurde lediglich die ehemalige Passierscheinstelle, in der Westberliner vor der Wende bei einer Reise in den Ostteil der Stadt ihre Dokumente abholen konnten. An ihrer Stelle wird jetzt urban gegärtnert.

Dass die Umgestaltung des Maxplatzes ganze fünf Jahre in Anspruch genommen hat, hat auch mit seinem Image als sozialer Brennpunkt zu tun. „Der Platz hatte ein Problem“, räumt Barbara Willecke ein. Randgruppen wie Obdachlose, Trinker und Drogenabhängige hätten andere Nutzergruppen verdrängt. „Der Platz war kurz davor, von der Polizei als krimineller Schwerpunkt eingeordnet zu werden.“

Viele Obdachlose trafen sich am Rondell, einem ummauerten Rund an der Maxstraße. „Wir haben mit den Menschen gesprochen und zur Antwort bekommen, dass sie sonst keinen Treffpunkt auf dem Platz hätten“, sagt Willecke. Bei der Umgestaltung wurde das Rondell dann behutsam geöffnet, es gibt neue Sitzplätze, Flächen zum Wickeln von Babys, eine Ecke zum Geburtstagfeiern. „Wichtig ist es, mehr Platz für alle Nutzergruppen zu schaffen“, betont Willecke. „Das fördert die soziale Kontrolle.“ Seit 25 Jahren verfolgt Willeckes Büro diese Strategie. „Wenn wir das so umsetzen, gibt es danach keinen Vandalismus mehr.“

Neues Image mit neuem Namen

Zum neuen Image des Platzes gehört auch der Name. Eigentlich ist der Maxplatz Teil des langgezogenen Leopoldplatzes, der von der Müllerstraße bis zur Maxstraße reicht. Umgangssprachlich wird er seit Längerem Maxplatz genannt. Was also lag näher, sich vom Leopoldplatz und seinen nach wie vor enormen Problemen, unter anderem durch den Konsum von Crack, positiv abzuheben.

Das Wochenende steht in Berlin wieder einmal ganz im Zeichen der Architektur. Am Samstag und Sonntag finden an 100 Orten 170 Führungen und Veranstaltungen statt. Darüber hinaus öffnen 33 Architekturbüros ihre Türen und lassen sich bei der Arbeit über die Schulter schauen.

Mit dabei ist die Weddinger Malplaquetstraße 19. Der von Thomas Becker Bettina Kraus Architekten entworfene Neubau für eine Baugruppe entstand in einer Baulücke und integriert das Portal des ehemaligen Pförtnerhauses von Osram.

www.ak-berlin.de/tda-programm (wera)

Auch am Leopoldplatz gab es beim Presserundgang zum Tag der Architektur etwas zu besichtigen. Seit einem Jahr ist dort ein Pavillon in Betrieb, in dem es nicht nur Kaffee und Kuchen gibt, sondern auch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen. „Das Konzept ist aufgegangen“, sagt Joachim Hampel, der das „Café Leo“ betreibt. „Wir sprechen gleichzeitig Junkies wie auch Anwohner an.“

Bei der Entwicklung des Konzepts war auch Claudia Castelot, ehemalige Leiterin der bezirklichen Gewalt- und Kriminalitätsprävention beteiligt. Sie freut sich, dass der Bezirk mit der Genehmigung des nur 40 Quadratmeter großen Pavillons auf einer Grünfläche eine Ausnahme gemacht hat.

Wie wichtig Ergänzungen, aber auch Umbauten und Umnutzungen im Bauen der Stadt sein können, betonte Theresa Keilhacker, die Präsidentin der Architektenkammer. „Perspektivisch wünschen wir uns, dass auch der Umbau im Bestand einfacher wird“, forderte sie. Bausenator Christian Gaebler (SPD) betonte, dass Wohnraum nicht nur durch Neubau, sondern auch durch Umbau und Ergänzungsbauten entstehen könne. „Manchmal schlummern im Bestand Schätze, die es zu heben gilt.“

Gleichzeitig kündigte Gaebler einen neuen Anlauf für eine Internationale Bauausstellung IBA an. Neben Themen wie Umbau soll sie sich auch um Fragen von Mobilität, Klimawandel, demografischer Wandel und Energiekrise drehen. „Wichtig ist uns, dass auch Brandenburg im Boot ist“, betonte Gaebler.

Nach anfänglicher Skepsis sei die Staatskanzlei in Potsdam nun offener der Idee einer IBA gegenüber, die vor einigen Jahren schon die Architektenkammern beider Bundesländer vorgestellt hatten. Allerdings habe das CDU-geführte Bauministerium noch Vorbehalte. „Die wollen der AfD vor der Wahl keine Gelegenheit zum Berlinbashing geben“, vermutet Gaebler.

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