Rettung für Hannovers Basketballerinnen: Luchse auf der Jagd nach Geld

Den Basketball-Frauen des TK Hannover fehlt plötzlich viel Geld, weil ein langjähriger Förderer ausfällt. Auch sonst ändert sich viel beim Pokalsieger.

Basketballerinnen jubeln auf einer Bühne, davor steht auf einem Schild: "Pokalsiegerinnen 2023"

Hannovers „Luchse“ jubeln nach dem Pokalsieg im vergangenen Jahr Foto: Osnapix/Imago

WEDEMARK taz | Es regnete, als Hajo Rosenbrock diese recht traurige Veranstaltung charmant anmoderierte. „Retter-Event“: Unter diesem Titel hatte der Vereinschef des TK Hannover am Freitag treue Wegbegleiter eingeladen, um über die Zukunft einer ambitionierten Mannschaft zu sprechen. Die Basketball-Frauen des TKH mussten gerettet werden, weil ihr langjähriger Förderer Rüdiger Battersby sein Engagement stark reduziert.

„Vieles wird sich verändern“, sagte Rosenbrock angesichts herber Einschnitte. Der Etat für das Team und dessen Organisation sinkt von 400.000 auf 300.000 Euro. Trainerin Sidney Parson tritt ab. Mehrere Stammspielerinnen verlassen den Verein. Wird das ein Umbruch? Ein Neustart? Rosenbrock sprach in einem VIP-Zelt am Hintereingang des Hauptbahnhofes von Hannover von einer Renaissance.

Bisher haben die Frauen des TKH, die sich für eine bessere Vermarktung „Luchse“ nennen, zur deutschen Elite gezählt. Der amtierende Pokalsieger konnte sich ein Team mit internationalen Könnerinnen leisten, weil ein einzelner Mäzen sehr viel Herzblut, Geld und Zeit in die Mannschaft investiert hat.

Über seinen Rückzug spricht der Unternehmer selbst nicht. In Vereinsmitteilungen ist davon die Rede, dass es Battersby „aufgrund von Auflagen des Finanzamtes“ nicht mehr möglich sei, sein Engagement im gewohnten Umfang fortzusetzen. Es wird nicht genauer erklärt, ob der Fiskus eine Disbalance zwischen Sportsponsoring und Betriebsausgaben eines Unternehmens erkannt hat. Unter dem Strich fehlt es den TKH-Frauen plötzlich an ziemlich viel Geld. Die Sparkasse Hannover und der Energieversorger Enercity springen als Sponsoren ein. Die Last des hohen Finanzbedarfes wird auf mehrere Schultern verteilt.

Höhere Etats und größere Hallen

Grundsätzlich hat TKH-Vordenker Rosenbrock mit seinem Zweckoptimismus recht. Es ist immer besser, sich von mehreren Sponsoren als von einem einzelnen Mäzen fördern zu lassen. Aber der Rückzug des bisherigen Geldgebers lässt erahnen, wie stark er sich wirklich engagiert hat. Den Luchsen droht das Schicksal, in der kommenden Saison von einem Titelanwärter zu einem ganz normalen Erstligateam zu schrumpfen.

Es trifft sich gut, dass es aufgrund einer Ligaaufstockung in der Saison 2024/25 keinen Absteiger aus der 1. Liga geben wird. Der TKH wird zwangsläufig mit einem stark verjüngten Team versuchen müssen, an seine bisherigen Erfolge anzuknüpfen. Wer dabei als sportlicher Vordenker, als kaufmännischer Leiter und auf der Trainerbank das Sagen haben wird, ist noch unklar. Erst einmal musste eine grundlegende Rettung gelingen.

Die Jagd nach Geld wird bei den Luchsen deshalb immer wichtiger, weil sich Deutschlands höchste Spielklasse zielstrebig weiterentwickeln soll. Höhere Etats, größere Hallen, mehr Zuschauer: Dieser schönen Theorie steht die Frage gegenüber, wer sich all das wirklich leisten kann und stemmen will.

„Viele wissen nicht, wie viel Arbeit dahintersteckt“, sagt die langjährige TKH-Stammspielerin Finja Schaake. Sie hat im Moment des Umbruchs verkündet, ihre aktive Karriere zu beenden und ließ durchblicken, was hinter den Kulissen eines Vorzeigeteams wirklich passiert. Von den Spielerinnen wird verlangt, dass sie wie Profis trainieren und enorm viel Zeit aufwenden, ohne wirklich stattlich bezahlt zu werden.

Geld und Wertschätzung

Nicht alle TKH-Asse haben wie zum Beispiel Laura Stockton das Privileg, sich dank eines guten Vertrages auf den Basketballsport konzentrieren zu können. Die Tochter des früheren Weltklassespielers John Stockton verlässt die Luchse genau wie Dara Taylor und Brianna Rollerson. Ohne solche Asse fehlt es dem TKH an jener Qualität, die ein Spitzenteam ausmacht.

Applaus verdienen Unternehmen, die Wertschätzung und Geld aufbringen, um ein prestigeträchtiges Team wie die Luchse wettbewerbsfähig zu machen. Volker Alt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Hannover, findet: „Gerade Frauenmannschaften haben es schwer, Sponsoren zu finden. Das ist eine große Ungerechtigkeit.“ Mit vereinten Kräften soll es nun gelingen, Hannover als Standort des Frauen-Basketballs zu fördern und zu etablieren.

Auch Cheftrainerin Sidney Parson möchte ihren Beitrag dazu leisten, obwohl sie den TKH verlässt. Sie will weiter in Hannover wohnen und sich – möglicherweise im Auftrag des Deutschen Basketball Bundes – um heranreifende Talente kümmern. Ihren Abschied als Cheftrainerin der Luchse will sie nicht mit den finanziellen Einschnitten beim TKH und den stark veränderten Rahmenbedingungen verknüpft wissen. „Meine Entscheidung, dass ich aufhöre“, beteuert die ehrgeizige Amerikanerin, „hatte ich schon vorher getroffen.“

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