Stimmung vor der Männer-EM: Ritualisierte Turnierempörung

Der Bierpreis für Fans, Staus im Regierungsviertel, und dann noch Jens Spahn – es gibt viele gute Gründe, schlecht gelaunt ins Turnier zu gehen. Geht da noch was?

Ein schottischer Fans mit Bier.

Wer sich beim Rudelschauen einen schönen Rausch ansaufen möchte, muss tief in die Tasche greifen Foto: Sven Hoppe/dpa

Noch schnell eine Bank überfallen und dann zum Fanfest. Schon ein paar Tage vor dem ersten Anpfiff hatte sich herumgesprochen, dass eine Halbe Bier auf den „Euro 2024 Festivals“ in den Gastgeberstädten satte 7 Euro kostet. Wer sich beim Rudelschauen einen schönen Rausch ansaufen möchte, muss also tief in die Tasche greifen. Bald findet sich ein Politiker, der eine Bierpreisbremse fordert und laut Skandal ruft, so wie das in München alljährlich der Fall ist, wenn der Preis für eine Mass Bier auf dem Oktoberfest bekanntgegeben wird.

Zwischen 12,60 Euro und 14,90 Euro hat im vergangenen Jahr der Humpen dort gekostet. Ob deshalb weniger gesoffen wurde? Wohl kaum. Auf Mallorca im viel besungenen „Bierkönig“ kostet ein Liter Pils 16,50 Euro. Geschichten darüber, dass sich die Kunden angesichts dessen im Bierkonsum zurückhalten würden, sind keine bekannt. Aufgeregt wird sich dennoch so manch Sauftourist haben darüber. Schlimm! Und Prost!

Das Meckern gehört einfach dazu. So will es die Tradition auch bei den großen Fußball-Events. Bevor ein Turnier so richtig in Fahrt kommt, laufen die Schlechte-Laune-Katalysatoren auf Hochtouren. Jens Spahn, der ewige Ehrgeizling von der CDU, hat sich auch schon genervt gezeigt von dieser EM. Die Fanmeile in Berlin vor dem Brandenburger Tor ist ja nicht weit weg vom Regierungsviertel. Wegen der Straßensperrungen, die dafür notwendig sind, braucht Spahn nun ein paar Minuten mehr, um mit dem Auto zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. „Die Leute sind genervt“, hat er gesagt. Und damit weiß man zumindest endlich, wer eigentlich gemeint ist, wenn ein Politiker von „den Leuten“ oder „den Menschen“ spricht. Er selbst ist gemeint.

Die Fanmeile hätte man doch auch woanders in der Stadt aufbauen können, meinte Spahn. Gute Idee! Dann wären andere Leute anderswo genervt. Solche Problemlöser braucht das Land. Da könnte man sich ja glatt fragen, warum diese EM überhaupt in Deutschland stattfinden muss? Soll man doch Leute im Ausland damit belästigen. Nein, das will einer wie Spahn dann auch nicht. Seine Partei hat im Januar sogar einen Antrag auf Beschlussfassung mit dem Betreff „Fußball-EM 2024 – Volle Unterstützung für ein neues Sommermärchen“ in den Bundestag eingebracht.

„Der Bundestag wolle beschließen“, steht über solchen Anträgen. Und in diesem speziellen geht der Text so weiter: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel auf, auf den Deutschen Fußballbund dahingehend einzuwirken, dass die Nationalmannschaft wieder stärker die Nähe zu den Fans in Deutschland sucht, um dem Ansehensverlust entgegenzuwirken, der durch die Leistungen der deutschen Nationalmannschaft eingetreten ist und der der Entwicklung einer positiven Grundstimmung vor der Euro 2024 entgegensteht.“ Aufregen könnte man sich glatt über einen solchen Unsinn. Ganz so, wie es sich zu Beginn einer EM gehört.

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