Putin in Vietnam: Mehr Kooperation bei Rüstung

Russlands Präsident Putin betont die Bedeutung der Beziehungen zu Hanoi. Vietnams Präsident Toi Lam will die Rüstungszusammenarbeit verstärken.

Vietnamesische Kinder mit vietnamesischen und russische Papierfähnchen

Fähnchenschwenken auf Bestellung: Vietnamesische Schulkinder beim Staatsbesuch von Präsident Putin in Hanoi, 20. Juni Foto: Kremlin via imago

BERLIN taz | Mit 21 Salutschüssen ist Russlands Präsident Wladimir Putin in der Nacht zum Donnerstag in Hanoi empfangen worden, der zweiten Station seiner Asienreise. Normales diplomatisches Zeremoniell in dem fernöstlichen Land. Anders als zuvor in Nordkorea jubelten Putin außer bestellten fähnchenschwenkenden Schulkindern aber kaum Menschen am Straßenrand zu. Das war bei Joe Biden anders, als der US-Präsident im September Hanoi besucht hatte. In großen Teilen der Bevölkerung genießt die von Russland angegriffene Ukraine Sympathien.

Diplomatisch unterstützt Vietnams Regierung die Ukraine aber nicht. Im März 2022 enthielt sich Hanoi bei der UN-Resolution, die Russlands Einmarsch verurteilte. Beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende 2022 kam eine gemeinsame Resolution zu diesem Thema nicht zustande, so niedrigschwellig Deutschland auch auf Vietnam zuging.

Deutlich mehr Handel mit Russland

Der Handel zwischen Vietnam und Russland hat sich seit dem Ukrainekrieg stark erhöht, doch beträgt er weiter nur einen Bruchteil des Handels mit China, der EU oder den USA. Putin kündigte am Donnerstag russische Investitionen in vietnamesische Flüssiggasprojekte an. Auch wurden Absichtserklärungen über Kooperationen bei Bildung, Wissenschaft und Technologie, Öl- und Gasexploration sowie Gesundheit unterzeichnet.

Vietnamesische Medien spekulieren zudem über den möglichen Bau eines Atomkraftwerkes durch russische Unternehmen. Die Wirtschaftskooperation will Russland in einer Zeit verstärken, in der es vom Westen sanktioniert wird. Damit will Moskau zeigen: Mit uns wird noch gehandelt.

Russland will die Zusammenarbeit mit Vietnam angesichts der Sanktionen des Westens verstärken

Der staatliche Rundfunk Voice of Vietnam hatte den neuen orthodoxen Staatspräsidenten To Lam, der wie Putin früher Geheimdienstler war, mit der Aussage zitiert, Vietnam betrachte Russland als bevorzugten und zuverlässigen Partner in der Außenpolitik. Das sind angesichts der vietnamesischen Bambus-Diplomatie neue Töne. To Lam nannte ausdrücklich auch den militärischen Sektor als einen, in dem die Beziehungen vertieft werden könnten. Russland bildet Vietnams Marine aus und liefert Marinetechnik, die sich potenziell gegen China richtet.

Laut inoffiziellen vietnamesischsprachigen Quellen wünscht Russland einen Marinestützpunkt in Vietnam, womöglich die von den USA 1975 aufgegebene Basis Cam Ranh in Zentralvietnam, von der aus die US-Armee ihre Bombenflüge gestartet hatten. 1979 pachtete die UdSSR das Areal für 25 Jahre. Russland gab es 2002, bereits unter Präsident Putin, aus Kostengründen auf. Offiziell verlautbarte jetzt nichts zu dem Thema, was darauf hindeutet, dass Vietnam dem Ansinnen gegenüber reserviert sein könnte.

Westliche Angst vor Geheimdienstkooperation

Noch besorgniserregender ist aus westlicher Sicht eine mögliche russisch-vietnamesische Zusammenarbeit im Bereich der Staatssicherheit. Das in Berlin erscheinende vietnamesischsprachige Exilmedium Thoibao.de berichtet exklusiv über geheime Vorbereitungen Vietnams, eine 100 Mann starke Geheimdienstgruppe aufzubauen, die ins Ausland geflohene Dissidenten und abtrünnige Funktionäre jagen soll. Auf die Geflohenen soll die Truppe maximalen Druck ausüben, damit sie „freiwillig“ in ihre Heimat zurückkehren. Andernfalls würden Entführungs- oder Mordmaßnahmen ergriffen, heißt es in Thoibao.de vorliegenden Dokumenten.

Vietnams Geheimdienst hat bereits Landsleute aus Thailand, Kambodscha und 2017 auch aus Deutschland entführt, die dann in vietnamesischer Haft landeten. Russland hat mit solchen Aktionen im Ausland weitaus mehr Erfahrung.

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