Haushaltsberatungen in der Ampel: Bundesregierung hält am Zeitplan fest

Finanzminister Lindner zeigt sich offen dafür, auch später zu einem Haushaltsentwurf zu kommen. Sozialverbände kritisieren seine Sparpläne scharf.

Finanzminister Lindner kratzt sich am Kopf.

Will am Zeitplan festhalten: Finanzminister Lindner bei der Kabinettssitzung am 19. Juni Foto: Thomas Trutschel/photothek/imago

BERLIN taz | Die Bundesregierung will von ihrem Zeitplan nicht abrücken, und bis in zwei Wochen den Kabinettsentwurf für den Haushalt im kommenden Jahr auf den Weg bringen. „Wir halten daran fest, Anfang Juli diesen Haushaltsentwurf fertigzustellen“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Mittwoch in Berlin. Zuvor hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) gesagt, dass bei den Beratungen zum Etat entscheidend sei, dass eine gute Lösung gefunden werde und „keine schnelle“. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will spätestens zum Nato-Gipfel am 9. Juli in Washington mit einem Etatentwurf anreisen, aus dem dann auch die Verteidigungsausgaben für das kommende Jahr hervorgehen.

Lindner sprach sich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gegen Kürzungen im Wehretat aus. Die Bundesregierung werde das 2-Prozent-Ziel der Nato dauerhaft erfüllen, dafür müsse man in den kommenden Jahren sogar mehr investieren als bislang, sagte der Finanzminister. Lindner bekräftigte stattdessen seine Forderung nach Umschichtungen bei den Sozialausgaben, unter anderem beim Bürgergeld.

Mehrere Sozialverbände erklärten, dass sie die Sparpläne aus dem Finanzministerium mit großer Sorge betrachteten. Eine Umfrage unter sechs großen Wohlfahrtsorganisationen ergab, dass sie bei weiteren Kürzungen „den sozialen Frieden in Deutschland gefährdet“ sähen, insbesondere mit Blick auf den Stand der sozialen Arbeit im Land. Demnach mussten in den vergangenen beiden Jahren knapp zwei Drittel der Ein­richtungen und Organisationen der freien Wohlfahrtspflege aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ihre Angebote einschränken oder ganz einstellen.

Der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Michael Groß, sagte, die Umfrage sei bezeichnend. „Die Sparpolitik des Finanzministers ist eine ernste Bedrohung für die soziale In­fra­struktur in unserem Land.“ Groß, der gleichzeitig Vorsitzender des Bundesverbands der Arbeiterwohlfahrt ist, forderte die Regierung dazu auf, dass sie „statt auf Kosten der Menschen zu sparen in den Zusammenhalt investieren“ müsse.

Wie wird das Milliardenloch gestopft?

Ähnlich äußerte sich Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie in Deutschland. „Die Gestaltung des Bundeshaushalts wirkt sich auf das Vertrauen der Menschen in die Demokratie aus.“ Weitere Kürzungen bei sozialpolitischen Leistungen im Bundeshaushalt 2025 seien demokratiegefährdend und nicht akzeptabel, sagte er.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Hoffmann sagte zu den Forderungen der Sozialverbände, dass die soziale Ausgewogenheit des Haushalts dem Kanzler „ein großes Anliegen“ sei. Zu den erneut von Lindner vorgetragenen Kürzungsvorschlägen bei den Sozialausgaben wollte sie sich jedoch nicht äußern.

Das Bundeskabinett soll nach den Wünschen von Scholz am 3. Juli den Etat-Entwurf für 2025 auf den Weg bringen. CDU-Haushaltsexperte Christian Haase schätzte zuletzt, dass der Regierung dabei zwischen 35 und 40 Milliarden Euro in ihren Planungen fehlen. Darunter fallen bis zu 25 Milliarden Euro an Ausgabenwünschen aus den Ressorts für Arbeit, Verteidigung, Entwicklung und Äußeres, die der Finanzminister nicht bewilligen wollte. Hinzu kämen laut den Berechnungen aus der CDU Steuermindereinnahmen wegen der stagnierenden Wirtschaftsleistung.

Laut den bisherigen Planungen soll der Haushalt 2025 etwa 450 Milliarden Euro umfassen. Scholz hatte zuletzt mit Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck am Sonntag bis in die Nacht beraten.

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