kunstraum
: Am Kipppunkt der Un-/Sicherheit

Blick in die Ausstellung „Patterns of (In)Security II“ Foto: Sabine Hornig; © Die Möglichkeit einer Insel und die Künstlerinnen

Das Zusammenspiel ist delikat. Harter Stahl und fließender Stoff treffen im Projektraum „Die Möglichkeit einer Insel“ aufeinander. Sabine Hornig arbeitet mit Stahl, Tamuna Chabashvili mit bedruckten Stoffen und Seilen, die quer durch den Raum gespannt sind. Beide greifen in den Raum ein; ganz deutlich Hornig mit ihrer Arbeit „Wahlkabine“, zwei Metallkonstruktionen, die der Bewegung Grenzen setzen. Denn der Projektraum kann nun nur noch von der Straße her betreten werden. Die Metallarbeiten bilden die Fugen einer Ziegelmauer nach und erinnern an teure Balkongitter, modernistisch im Muster und erst einmal unbegreiflich in der Form. Steht man in der besagten Wahlkabine, ist da – wie es sich gehört – ein kleiner Tisch, der allerdings ein Spiegel ist. Will man so von allen Seiten einsehbar und gespiegelt seine Stimme abgeben? Wahrscheinlich stört dieses Kontrollregime qua Transparenz weniger Menschen, als man annehmen möchte.

Chabashvilis Stofffahnen könnte man zur Seite schieben, um den Weg freizumachen – sofern man sich traute. Es sind die Muster, die die Stoffe zieren und den fließenden Stoff zur festen Barriere machen. Sie machen die Stoffe zu Bildern, und vor Bildern hält man inne, man schiebt sie nicht einfach beiseite. Im Muster meint man einmal Reifenspuren zu erkennen, ein andermal das Schattenspiel eines Maschendrahtzauns, dann wieder abstrahierte Blüten. Es drängt sich der Eindruck auf, die Textilbilder handelten wenn nicht vom Eingekreistsein, dann vom Eingesperrtsein.

Auch Hornig hat gerne mit der Halbtransparenz des Drucks auf Stoff oder Glas gearbeitet – so auch in ihrem Fotodruck der Skyline von Manhattan im La Guardia Airports in New York. Insofern ist die Paarung der Künstlerinnen in „Patterns of (In)Security II“, deren ersten Teil die Kunsthalle Tiflis präsentierte, stimmig. Wenn die Künstlerinnen die Muster von Sicherheit und Schutzlosigkeit im alltäglichen Raum untersuchen, so tut dies Chabashvili nun mit eher malerischen und Hornig mit skulpturalen Mitteln. Beide arbeiten jedoch sehr genau und subtil die Kipppunkte heraus, an denen Sicherheit in Unsicherheit und gefährliche Kontrolle umschlägt oder umgekehrt, das vermeintlich Schwache, Weiche und Biegsame Schutz und Halt bietet. Brigitte Werneburg

Tamuna Chabashvili, Sabine Hornig: Patterns of (In)Security II. Die Möglichkeit einer Insel, bis 30. 6., Fr./Sa./So. 14–18 Uhr; Führung und Diskussion mit den Künstlerinnen und Dr. Zaal Andronikashvili am 25. 6., 19 Uhr, Inselstr. 7