die richtlinie des tages
: Wenn die EU am Frühstückstisch sitzt

Wer heute einen üblichen Supermarkt-Honig kauft, kann sich beim Lesen des Etiketts schnell veralbert fühlen. Denn ein typischer Satz darauf lautet: „Mischung von Honig aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern.“ Damit ist nicht gemeint, dass eine Imkerin ihre Bienen genau an der Grenze von beispielsweise Österreich und der Schweiz fliegen lässt und man daher nicht so genau sagen kann, ob die Honigquelle in- oder außerhalb der EU liegt. Sondern: Was genau im Glas ist, will der Hersteller nicht verraten. Das schöne ist: Spätestens zum Sommer 2026 wird der Satz verschwinden.

Bei Honigmischungen müssen dann die Herkunftsländer und ihr jeweiliger Anteil angegeben werden. Ver­brau­che­r:in­nen können also sehen, was hier gegebenenfalls zusammengerührt wurde – und auf dieser Basis ihre Kaufentscheidung treffen. Wobei der Deutsche Imkerbund kritisiert, dass es noch ein kleines Schlupfloch gibt: So können die EU-Mitgliedsstaaten entscheiden, ob bei ihnen nur die vier größten Anteile angegeben werden müssen. Das ist möglich, wenn diese zusammen mehr als die Hälfte der Mischung ausmachen.

Die Honig-Regelung ist Teil der im April verabschiedeten Novelle 2023/0105. Diese enthält vier Richtlinien, die gerne bei ihrem Kosenamen genannt werden: Frühstücksrichtlinien. Neben Honig geht es nämlich auch um Konfitüre, Saft und Trockenmilch. So gibt es für Konfitüren künftig Mindestmengen für den Obstanteil.

Und bei Saft werden neue Kennzeichnungskategorien eingeführt, die der steigenden Nachfrage nach zuckerreduzierten Getränken gerecht werden sollen. Anders als beim Honig könnten die Saftbeschriftungen aber auch für mehr Verwirrung sorgen. Denn der Unterschied zwischen „zuckerreduziertem Fruchtsaft aus Konzentrat“ und „konzen­triertem zuckerreduziertem Fruchtsaft“ wird wohl den wenigsten auf den ersten Blick klar sein. Dann zum Trinken vielleicht doch lieber Wasser. Oder einen Bee’s Knees Mocktail – mit regionalem Honig.

Europa lesen. Dieser Textist Teil der Berichterstattung zu den EU-Wahlen 2024.

Svenja Bergt