Die babylonische Verwirrung, Teil II

Nach rechtlichem Hickhack will Kultursenator Flierl den Betrieb des Filmkunsthauses Babylon neu ausschreiben. Nun sind alle sauer, vor allem Timothy Grossmann, der den Spielbetrieb in dem Traditionskino gerade erst neu gestartet hat

Als Freund des Actionkinos ist Kultursenator Thomas Flierl (PDS) nicht gerade bekannt. Das, was er mit dem Filmkunsthaus Babylon veranstaltet, kann aber gar nicht anders bezeichnet werden. Gerade hat der neue Betreiber Timothy Grossmann den Kinobetrieb wieder aufgenommen, da soll er auch schon wieder abgesägt werden. Ob nur vorläufig oder für immer – das wird sich erst im weiteren Verlauf der Kinoposse „Die babylonische Verwirrung“ entscheiden. Denn das Auswahlverfahren, dass Grossmann nach vielen Ungereimtheiten zu einem umstrittenen Sieger machte, wird neu aufgerollt. Das hat Flierls Sprecher Torsten Wöhlert gestern am Rande der Kulturausschusssitzung verkündet. Alle ursprünglichen Bewerber, also auch Grossmann, wurden schriftlich aufgefordert, sich bis Ende Juni erneut um das kommunale Kino zu bewerben. Siegt also letztlich nicht nur im Kino, sondern auch im Gezerre um das Kino die gerechte Sache?

Flierl hatte Grossmann den Zuschlag für das Babylon samt öffentlichen Zuschüssen von jährlich 320.700 Euro gegeben, obwohl dieser mit einem Mischkonzept aus kommunalem und kommerziellem Programm angetreten war. Alle anderen Bewerber hatten sich an die Vorgabe der Ausschreibung gehalten, die – wie beim kommunalen Kino üblich – nur das Spielen von anspruchsvollen, nichtkommerziellen Filmen erlaubt.

Gegen diese offensichtliche Änderung der Voraussetzungen hatten der alte Betreiber des Babylon sowie zwei weitere Bewerber geklagt – und Recht bekommen. Vergangene Woche hatte das Verwaltungsgericht Berlin deshalb die Subventionszahlungen an Grossmanns K&K mit sofortiger Wirkung gestoppt.

Die Kulturverwaltung ist nach wie vor der Meinung, dass ihr „Auswahlverfahren korrekt verlaufen“ ist, wie sie schriftlich mitteilte. Nun wurden die Bewerber allerdings aufgefordert, ihre Konzepte auf eine kommerzielle Ausrichtung hin nachzubessern. Noch liegt das Schreiben bei keinem im Briefkasten. Der ehemalige Betreiber des Kinos Babylon, Jochen Roemer, der gerne weitergemacht hätte, ist daher skeptisch. Als Erstes werde er mit seinem Anwalt telefonieren, ließ er wissen. Zu oft habe Flierl ein falsches Spiel gespielt. Auch für die Betreiber der Filmtheater Hackesche Höfe/Central Kino, die sich erfolglos beworben hatten, ist das Ganze mit „Vorsicht zu genießen“. Andreas Döhler vom Central Kino will eine Neubewerbung nicht ausschließen. „Die Unabhängigkeit der Findungskommission muss aber gewährleistet sein, sonst ist das Ergebnis leicht vorhersehbar“, sagte er.

Die Vorsitzende des Kulturausschusses, Alice Ströver (Grüne), begrüßt zwar Flierls Entscheidung. Das Werk des sich nun als Actionheld gebärdenden Senators zeuge aber von „Dilettantismus pur“: „Am Babylon zeigen sich mal wieder die ganzen großen und kleinen Fehlbarkeiten des Senators, der es nach drei Jahren im Amt immer noch nicht schafft, von vornherein ein transparentes Auswahlverfahren durchzuführen“, so Ströver.

Der Ärger mit dem vertraglich schon fest eingesetzten Betreiber Grossmann ist sicher – so sicher wie dessen Filmvorstellungen für die nächsten Monate, die nicht abgesagt werden sollen.

TINA HÜTTL