Kommentar von David Muschenich zum Demo- und Wahlwochenende
: Von der Straße ins Wahllokal

Tausende in Hamburg, Tausende in München, Tausende in Berlin. Tausende in Leipzig, Chemnitz, Dresden – und noch viele Tausende mehr in kleineren Städten und Dörfern deutschlandweit. Eine gute Bilanz für die Demokratie am großen EU- und Kommunalwahl-Wochenende.

Aber im Vergleich waren es weniger Teil­neh­me­r:in­nen als noch Anfang des Jahres, so ehrlich muss man sein. Bei den Demos gegen die extreme Rechte und gegen ihre Träume vom ethnisch homogenen Volk gingen Millionen auf die Straße. In Leipzig waren es beispielsweise bei einer Demonstration Ende Januar bis zu 70.000 Menschen. An diesem Wochenende waren es allerhöchstens 20.000 – nicht mal halb so viele.

Die überwältigende Entschlossenheit so vieler Bür­ge­r:in­nen Anfang des Jahres war überraschend. Dass die Demonstrationen nach einiger Zeit kleiner werden würden, war es nicht. Es ist kaum möglich, so ein Momentum über Monate aufrechtzuerhalten. Immer wieder mit derselben Forderung auf die Straße zu gehen, immer wieder dieselben Parolen skandieren und Schilder schwenken, das ermüdet. Der Effekt stellt sich erst langsam ein. Ganz zu schweigen von den Kosten für jede einzelne Demonstration.

Wer allerdings glaubt, bei den AfD-Gegner:innen sei schon die Luft raus, der hat sich geschnitten. Denn die Teilnehmendenzahlen sind nur scheinbar aussagekräftig. Was im Hintergrund passiert, lässt sich schwer in Zahlen fassen. Die vielen Demonstrant:in­nen haben gezeigt, wie groß der Zusammenhalt gegen die Extremen ist. Das gibt vielen das Gefühl, dass sie nicht alleine stehen. Bei den bundesweiten Demonstrationen gegen rechts haben sich Netzwerke geknüpft. Überall entstanden neue Initiativen und Strukturen. Seitdem unterstützen sich De­mo­kra­t:in­nen aus verschiedenen Bundesländern und können innerhalb kurzer Zeit mobil machen. Die Protestschwelle ist gesunken.

Wichtig ist, dass diese Strukturen weiter gestärkt werden, und dafür brauchen sie auch Förderung aus den Kommunen. Deswegen sollten die Ergebnisse der Kommunalwahlen neben denen des EU-Parlaments nicht untergehen. In Thüringen hat der AfD-Landrat Robert Sesselmann schon im vergangenen Jahr versucht, Demokratieförderung abzubauen.

Am Ende ist egal, wie viele genau protestieren gehen. Aktuell geht es nicht darum, Neonazis und Rechtsextreme von der Straße zu fegen. Es geht darum, sie aus demokratischen Institutionen zu fegen. Oder anders gesagt: Es geht darum, wie viele am Wahlsonntag ihre Stimme für die Demokratie abgeben.