momentaufnahmen
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Wenn man doch nicht alleine auf der Welt ist
Mit dem Fahrrad unterwegs von Berlin nach Leipzig. Es ist der zweite Tag und die Sonne lässt sich nicht blicken. Um mich herum irgendwo hinter Luckenwalde: Felder und Kiefernwälder, keine Häuser, nichts. Andere Menschen habe ich schon seit vielen Kilometern nicht mehr gesehen.
Aber Tiere. Die Schwalben fliegen tief, ein Zeichen für Regen. Es riecht jedenfalls schon nach nasser Erde, wie in Zeitlupe runden sich die Regenwolken bauchig über mir. Es donnert. Kurz danach regnet es in Strömen.
Bis ich mein reserviertes Zimmer in Lutherstadt Wittenberg erreichen kann, muss ich noch 35 Kilometer radeln. Erstmal parke ich mein Fahrrad unter einem Baum und hoffe, dass das Unwetter vorbeizieht. Die Wege glänzen, während sie nass werden, und auch ich werde weiter nass. Ich setze mich auf eine mit Namen und Herzen beschnitzte Bank und warte. Außer dem fallenden Wasser ist jetzt nichts zu hören, ich fühle mich ein bisschen wie die Protagonistin eines postapokalyptischen Films. Dann fahren zwei Skater an mir vorbei. Ich bin doch nicht alleine auf der Welt. Luciana Ferrando