EU-Investitionen in KI: Intelligenzrückstand auf China

Der Europäische Rechnungshof kritisiert die Investitionsbereitschaft der EU in KI. Gefahren für den Jobmarkt sind auf EU-Ebene aber kein Thema.

Eine Frau hat Kopfhörer auf und sitzt mit dem Rücken zum Betrachter auf einem Bürostuhl und arbeitet an einem Bildschirm

Jobbranche Callcenter: Von der Künstlichen Intelligenz bedroht Foto: Aevida

BRÜSSEL taz | Bei der Regulierung der sogenannten künstlichen Intelligenz (KI) ist die EU weit vorn – erst vergangene Woche wurde das weltweit erste KI-Gesetz verabschiedet. Doch bei Investitionen in die neue Technologie kann sie nicht mithalten. Zu diesem Schluss kommt der Europäische Rechnungshof in einem Gutachten. „Die KI-Investitionen der EU sind im Zeitraum 2018 bis 2020 zwar stetig gestiegen“, heißt es in dem Bericht der Luxemburger Behörde. Dennoch habe sich die Investitionslücke zwischen den USA und der EU mehr als verdoppelt. Die EU liege um über 10 Milliarden Euro zurück.

Deutschland und Frankreich haben zwar mehr Geld versprochen. Allerdings hätten vier EU-Länder noch nicht einmal eine eigene Strategie, monieren die Rechnungsprüfer. Demgegenüber nehmen US-Unternehmen wie Google (Alphabet) oder Microsoft immer mehr Geld in die Hand.

Auch beim Risikokapital für Start-ups liegen die USA vorn. Der Rechnungshof verweist hier auf Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Der Rückstand auch auf China könne sich negativ auf die Wirtschaft und das Wachstum auswirken, warnt Mihails Kozlovs, das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs. „Umfangreiche und zielgerichtete Investitionen in KI werden in den kommenden Jahren entscheidenden Einfluss auf das Wirtschaftswachstum in der EU haben.“

Während sich Kozlovs und andere Experten von der KI neue Wachstumsimpulse erhoffen, warnen andere vor der Vernichtung von Arbeitsplätzen. Je „intelligenter“ die KI-Systeme werden, desto mehr können sie qualifizierte Arbeitsplätze ersetzen und sogar ganze Berufe überflüssig machen. Übersetzer und Mitarbeiter von Callcentern spüren heute schon die ­Konkurrenz von automatischen Übersetzungssystemen und Chatbots. Steuerberater, Fachärzte und Journalisten stellen sich die bange Frage, ob die KI ihnen bei der Arbeit hilft – oder sie teilweise überflüssig macht. Auf EU-Ebene ist das bisher aber kein Thema.

Investitionsziele der EU nicht konkret genug

Geht es nach Brüssel, sollen bis 2030 mindestens 75 Prozent der Unternehmen KI einsetzen. Allerdings ist unklar, ob dieser Einsatz zu wachstumsfördernden Innovationen führt oder für Rationalisierungen eingesetzt wird. Die Investitionsziele der EU seien nicht konkret genug, monieren die Prüfer.

Dazu kommt, dass die öffentlichen Kassen leer sind und private Investitionen zu wünschen lassen. Deutschland und Frankreich wollen nun die lange vernachlässigte europäische Kapitalmarktunion vorantreiben, die auch für mehr Risikokapital sorgen soll. Dafür hat sich der deutsch-französische Ministerrat ausgesprochen.

Impulse verspricht sich die EU auch von dem geplanten Binnenmarkt für Daten. KI-Systeme sind auf Unmengen von Rohdaten angewiesen, mit denen sie „gefüttert“ und trainiert werden. Allerdings steckt der Datenmarkt noch in den Kinderschuhen. Deshalb könne er KI-Investitionen noch nicht nennenswert fördern, so der Europäische Rechnungshof.

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