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: Auf der Suche nach Alternativen zum beliebten Bootslack

Viele Freizeitkapitäne erlebten im Frühjahr bei der Saisonvorbereitung eine böse Überraschung: Im Handel gab es kaum noch Dosen der beliebten Farbe VC17 M. Das ist ein sogenanntes Antifouling und war der an Binnengewässern effizienteste und leicht zu verarbeitende Unterwasseranstrich für Boote. Kommen diese nach der Winterpause wieder ins Wasser, setzen sich ohne einen solchen Anstrich Mikroorganismen an den Rümpfen fest und bilden eine Schleimschicht. Bald folgt der Bewuchs von Algen und Muscheln. Das verlangsamt die Fahrt der Boote und kann Rümpfe beschädigen.

Deshalb wird VC17 M aufgetragen. Sein für Mikroorganismen und Pflanzen giftiges Kupfer verhindert Bewuchs. Durch Oxidation verwandelt sich der kupferfarbene Anstrich schon nach kurzer Zeit im Wasser zu dunkelgrau. VC17 M enthält auch Teflonverbindungen, sogenannte PTFE. Die werden bei der Fahrt durchs Wasser abgetragen, dort aber nicht abgebaut, und können so in die Nahrungskette gelangen.

Ein Fall für die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates Nr. 528/2012. Diese sogenannte Biozid-Verordnung regelt Verkauf und Verwendung von Biozidprodukten in ganz Europa, Details in Deutschland regelt die Biozidrechts-Durchführungsverordnung (ChemBiozidDV) von 2021.

Die finnische Agentur für Sicherheit und Chemikalien (TUKES) hatte im Rahmen eines BPR-Verfahrens (Biozidal Product Regulation) der EU auf Risiken des beliebten VC17 M hingewiesen. Die 2007 gegründete Europäische Chemikalienagentur (ECHA), eine von der EU-Kommission unabhängige Behörde mit Sitz in Helsinki, leitete daraufhin 2023 ein Verbotsverfahren von VC17 M ein, das viele Segler und Motorbootfahrer aber zunächst nicht mitbekamen. Bereits zum Jahreswechsel stellte der niederländische Farbenkonzern AkzoNobel, Markführer bei VC17 M, dessen Produktion ein.

Im März, wenn die meisten Boote für die neue Saison gestrichen werden, war VC17 M fast überall ausverkauft. Es setzte ein Run auf Restbestände an. Gab es noch irgendwo die blau-weißen Dosen mit dem roten Streifen, hatte sich ihr Preis oft verdoppelt.

Bis zum 30. April 2024 durften Händler noch Lagerbestände verkaufen, bis zum 2. November 2024 darf die Farbe von Privatpersonen noch verstrichen werden. Danach nur noch von professionellen Werften und nur noch für Fahrten auf dem Atlantik. Mittelmeer, Ostsee und Binnengewässer sind tabu.

Jetzt suchen Freizeitkapitäne nach Alternativen. Zwar versprechen Hersteller Ersatzprodukte, aber die haben sich bislang noch nicht durchgesetzt. Auch kann nicht jedes Antifouling einfach auf VC17 M aufgetragen werden. Vertragen sich unterschiedliche Farbchemikalien nicht, muss die alte Schicht zuvor restlos abgeschliffen werden. Eine mühsame giftige Drecksarbeit.

Sven Hansen