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Die Ambitionen der Allrounderin mit der Kamera

Laura Freigang ist für die DFB-Auswahl immer wichtiger geworden. Auch weil sie ein wertvolles Fotobuch vorgelegt hat

Aus Frankfurt und Gdynia Frank Hellmann

Über Weihnachten hatte Laura Freigang noch alle Hände voll zu tun. Ihr erstes Fotobuch fand damals so regen Anklang, dass die Nationalspielerin beim Versand selbst mit anpackte. Der Titel weckte ja Neugier. „Kein Licht ohne Schatten“ nannte die Hobbyfotografin das Werk, das mit ihrer analogen Kamera eindrucksvoll das Scheitern der DFB-Auswahl bei der WM 2023 in Australien festhielt. Natürlich bekam jede Mitspielerin über den Jahreswechsel ein Exemplar, das einigen half, mit der Enttäuschung des Sommers umzugehen.

Während der DFB damals jede Aufarbeitung wegen der Wirren um die erkrankte Cheftrainerin Martina Voss-Tecklenburg unterließ, halfen die teils sehr persönlichen Aufnahmen. Ins Vorwort hatte Freigang geschrieben: „Fan ist man nicht nur in den guten Zeiten, und Fotobücher teilt man nicht nur, wenn man Titel gewinnt.“ Für sie sei daher relativ schnell klar gewesen, „dass ich die Bilder von der Weltmeisterschaft nicht aufgrund unsere enttäuschenden Abschneidens in meinen Privatarchiven verstecken will“. Und in weiser Voraussicht schloss ihr Band auf der letzten Seite: „(Not) the end.“ Nein, es war nicht das Ende.

Vor dem EM-Qualifikationsspiel der DFB-Frauen in Polen (Dienstag 18 Uhr/ARD) ist aus Sicht der Offensivallrounderin von Eintracht Frankfurt ein neuer Anfang gemacht. Seit Horst Hrubesch erneut das Traineramt übernahm, wird die am liebsten hinter der Spitze spielende Freigang nach und nach wichtiger. Beim Einstand Hrubeschs Ende Oktober gegen Wales (5:1) war sie noch zur Pause ausgewechselt worden, nun kam sie am Freitag in Rostock gegen Polen (4:1) für Kapitänin Alexandra Popp. Freigangs Umtriebigkeit tat dem deutschen Spiel sichtbar gut. „Nach der Halbzeit haben wir verdient drei Chancen reingemacht, aber ich glaube, da muss echt mehr kommen als erste Hälfte“, sagte sie hinterher. Beim zweiten Duell gegen die Polinnen heute Abend in Gdynia dürfte sie beginnen.

Ziemlich fest steht, dass Freigang auch nächste Saison für den Bundesliga-Dritten aus Frankfurt spielt, der sich wieder für die Champions-League-Gruppenphase qualifizieren will. Über eine vorzeitige Verlängerung des 2025 laufenden Vertrags wird noch verhandelt. Ein Wechsel für die Eintracht-Kapitänin innerhalb der Bundesliga scheidet aus; wenn kommt nur noch das Ausland in Betracht.

„Ich möchte nicht immer auf der Bank sitzen, sondern mehr spielen“

Laura Freigang, Nationalspielerin

Bei der EM 2022 und WM 2023 hatte es für Freigang gerade mal zu insgesamt zwei Kurzeinsätzen gereicht. Reichlich unbefriedigend für eine extrovertierte Persönlichkeit, die oft auf ihre Rolle als Kabinen-DJ, Stimmungskanone und Social-Media-Star reduziert worden ist. „Ich möchte nicht immer auf der Bank sitzen, sondern mehr spielen“, forderte sie danach. Für ihren Vereinscoach Niko Arnautis kann die 26-Jährige im Spiel jederzeit den Unterschied machen. Sie geht an guten Tagen als Vorbereiterin und Vollstreckerin voran und hat in 124 Bundesligaspielen immerhin 74 Mal getroffen und in 26 Länderspielen auch schon zwölf Tore erzielt.

Mit einem Sieg im letzten Saisonspiel hätten die DFB-Frauen das EM-Ticket 2025 in der Schweiz bereits sicher. Die nächsten Partien gegen Island in Reykjavik (12. Juli) und gegen Österreich in Hannover (16. Juli) würden dann zum Einspielen für Olympia genutzt. Klar, dass auch die gebürtige Kielerin Freigang von einer Teilnahme träumt. Da aber nur 16 Feldspielerinnen mitgenommen werden dürfen, muss Horst Hrubesch genau abwägen, wer am besten in den Kader passt. Freigangs Vielseitigkeit und Teamfähigkeit sind wichtige Argumente. Niemand lebt den gemeinsamen Spirit dermaßen vorbildlich vor wie sie. „Es wird sicherlich ein, zwei Fälle geben, die hart sind“, sagt der Olympia-erfahrene Hrubsch voraus. Der 73-Jährige muss nur wissen: Ohne Freigang gibt’s kein schönes Fotobuch von seiner letzten Mission.

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