Katholikin Irme Stetter-Karp: Mit Mut zum Risiko

Die Präsidentin des Zentralkomittees der Katholiken in Deutschland steht beim 103. Katholikentag im Fokus. Den Papst kritisiert sie hart.

Portrait Irme Stetter-Karp

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Erfurt Foto: Martin Schutt/dpa

Irme Stetter-Karp ist eine risikofreudige Frau: 1999, nach dem von Papst Johannes Paul II. erzwungenen Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung, war die Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken eine der Gründerinnen des Vereins „donum vitae“. Der bietet bis heute eine christlich geprägte Schwangerschaftsberatung an – stellt aber auch Scheine aus, die einen Abbruch ermöglichen. Im November 2021 trat Stetter-Karp dann die Nachfolge des ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Sternberg an der Spitze des Zentralkomitees an. Sie ist nach Rita Waschbüsch (1988-1997), ebenfalls CDU-Politikerin, erst die zweite Frau auf dieser Position.

Beim 103. Katholikentag, der Mittwoch bis Sonntag in Erfurt stattfindet, steht Stetter-Karp als ZdK-Präsidentin nun besonders im Fokus. Als oberste Vertreterin der Gläubigen bildet sie das Gegengewicht zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, des Limburger Bischofs Georg Bätzing.

Stetter-Karp wurde 1956 als zwölftes und jüngstes Kind einer Bauern- und Gastwirtsfamilie im schwäbischen Ellwangen geboren. Nach einer sozialwissenschaftlichen Promotion übernahm sie bereits im Alter von 30 Jahren die Leitung des Bischöflichen Jugendamts der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Über die Jahre stieg Stetter-Karp in der kirchlichen Verwaltungshierarchie auf – bis in eine der höchsten Positionen, die ungeweihten Frauen offensteht: zur Leiterin der Hauptabteilung Caritas ihres Heimatbistums.

Stetter-Karp sorgte in ihrer bisherigen Amtszeit vor allem durch ihren Einsatz für den sogenannten Synodalen Weg, den Erneuerungsprozess der katholischen Kirche in Deutschland, und durch ihre Position zum Thema Schwangerschaftsabbruch für Aufregung. So forderte Stetter-Karp 2022 anlässlich der Debatte um den Paragraphen 219a, der ein Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche vorsah, in einem Namensbeitrag für die Beilage Christ & Welt in der Wochenzeitung Die Zeit den flächendeckenden Zugang zu ärztlicher Versorgung.

Obwohl Stetter-Karp zugleich betonte, dass das Zentralkomitee den „Schwangerschaftsabbruch nicht als reguläre medizinische Dienstleistung“ betrachte, wurde sie deshalb von der rechtskatholischen Initiative „Maria 1.0“ lautstark zum Rücktritt aufgefordert. Stetter-Karp identifiziere sich nicht „mit zentralen Inhalten katholischer Positionen“ und verwirre die Gläubigen, hieß es in einer Pressemitteilung.

Trotz ihrer liberalen Positionen wird die ZdK-Präsidentin auch von progressiver Seite kritisiert: Die „Reformsehnsüchtigen“ der katholischen Kirche in Deutschland würden angesichts des überschaubaren Reformeifers in Rom einer Illusion anhängen – und Stetter-Karp bejuble das, beklagte zum Beispiel der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke.

„Im Quadrat toben“

Ziemlich gelassen reagierte Stetter-Karp, als Papst Franziskus vor ein paar Tagen im Gespräch mit dem US-Fernsehsender CBS dem Frauendiakonat erneut eine Absage erteilte: „Es gab so viele Interviews von ihm, den roten Faden darin zu sehen, ist schwer“, sagte sie kurz und trocken vor Beginn der ZdK-Vollversammlung am Dienstag. Allerdings könnte sie „im Quadrat toben“, wenn Kirchenobere wie der luxemburgische Kardinal Jean-Claude Hollerich mit Blick auf angebliche Widerstände in der Weltkirche wieder mehr Geduld von den Frauen fordern.

Die Be­su­che­r*in­nen des Erfurter Katholikentags dürften Stetter-Karp in dieser Sache zustimmen. Mehr noch, angesichts der entmutigenden Äußerungen aus Rom hätten sie in Stetter-Karp eine Verbündete im Kampf für eine liberalere, weniger frauenfeindliche Kirche.

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