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: „Die Grundhaltung eines radikalen Antifaschisten“

Christian Geisslers Filmwerk widmet sich eine Tagung in Hamburg: Es beginnt mit der Umsetzung seines Romans „Anfrage“ fürs Fernsehen

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Grumbach, wer war eigentlich Christian Geissler?

Detlef Grumbach: Christian Geissler ist 1928 in Hamburg geboren. Sein Vater war bei der NSDAP und über seine Mutter sagte er einmal, sie sei Antifaschistin aus Wissen und Instinkt gewesen. Aus diesen Erfahrungen speiste sich seine Grundhaltung eines radikalen Antifaschisten. Sein erster Roman „Anfrage“ aus dem Jahr 1960 war der erste, der im Westen rigoros die Frage nach der Schuld in der Nazizeit stellte.

Er war also Schriftsteller, aber auf der Tagung geht es ja um die Filme, an denen er mitgearbeitet hat. Wie ist es denn dazu ­gekommen?

Der Brecht-Schüler Egon Monk war damals Leiter der Abteilung für Fernsehspiel beim NDR und der hat aus Geisslers Roman „Anfrage“ ein Fernsehspiel gemacht. Damit ­begann die Film- und Fernsehkarriere von Christian ­Geissler. Er hat dann etliche Drehbücher für Monk ­geschrieben.

Aber er hat ja auch selber Filme gedreht?

Foto: Mathias Thurm

Detlef Grumbach

Jahrgang 1955, Journalist, Publizist und freier Autor, vor allem für Rundfunk, war 1992 Mitgründer und bis 2018 Geschäftsführer des Hamburger Verlags Männerschwarm, ist Erster Vorsitzender der 2013 gegründeten Christian-Geissler-Gesellschaft.

Das ging 1970 los. Er hat politische Dokumentarfilme für den NDR gedreht. Einige davon sind in Hamburg noch nicht vergessen. So etwa das Fernsehspiel „Wilhelmsburger Freitag“, in dem er ein Arbeiterehepaar an dem Tag begleitete, an dem ihr Lohn ausbezahlt wurde. Oder der Dokumentarfilm „Himmelsstraße“, wo Geissler alte Leute nach ihrem Leben befragt.

Teil der Tagung sind zwei Kinoabende. Was wird da gezeigt?

Am Donnerstag beginnt der Abend mit einem Vortrag Dietmar Daths, dem wohl einzigen Marxisten in der Redaktion der Frankfurter­ Allgemeinen Zeitung. Und dann zeigen wir Geisslers Film „Immer nur Fahrstuhl ist blöde“, in dem es über den Befreiungsversuch einer jungen Frau geht, die als Fahrstuhlführerin in einem Kaufhaus arbeitet. Am Freitag wird der Fernsehfilm „Anfrage“ von Egon Monk aus dem Jahr 1962 gezeigt.

Nun bilden aber die Dokumentarfilme Geisslers filmisches Hauptwerk. Werden die denn nicht gezeigt?

Filmpräsentation Kino 3001, Schanzenstr.75, Hamburg, am 30. und 31.5., jeweils 19 Uhr

Tagung „Glücksgefühle am Schneidetisch? Christian Geisslers Arbeit für Film und Fernsehen“, 30.5.-1.6., Stabi Hamburg, Vortragsraum

Auf der Tagung gibt es das Vortragsprogramm, und alle Vortragenden haben zehn Minuten Zeit, um Ausschnitte aus dem Film zu zeigen, auf den sie sich beziehen..Da geht es etwa um ein Jahr im Knast oder in „Abgezählte Tage“ erzählt er von dem Urlaub einer Arbeiterfamilie. Wenn man aber vor den Vorträgen immer erst anderthalb Stunden Film ansehen würde, wäre die Tagung 14 Tage lang.

Wollen Sie, dass Geissler als Filmemacher neu entdeckt wird?

Es gab immer mal wieder Retrospektiven mit seinen Filmen. Aber noch niemand hat sich systematisch mit seinem Filmwerk beschäftigt. Dies ist nun ein Auftakt dazu, sich auch mit seinen Filmen auseinanderzusetzen.