berliner szenen
: Das Leben von Ottilie Pohl

Ottilie Pohl“, lese ich in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause im Zuge einer Recherche, „wurde wegen Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens angeklagt und 1941 zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.“ Ich überlege: Pohl, Pohl, wo ist mir der Name Pohl nur schon einmal begegnet? Von der Widerstandskämpferin Ottilie Pohl habe ich noch nie gehört. Und frage mich nun, warum eigentlich nicht.

Erst gegen Ende der Fahrt fällt mir ein, woher ich den Namen Pohl kenne. Es gibt in Schöneberg eine Pohlstraße, in der ich oft bin. Ich sehe also nach, ob die Pohlstraße tatsächlich nach Ottilie Pohl benannt wurde, und finde heraus, dass dem so ist, am Straßenschild aber über viele Jahre nicht wie sonst üblich eine Erklärung zu ihr angebracht war.

Dabei hätte Ottilie Pohl weit mehr als eine Erklärung zu ihrer Person unter dem Straßenschild verdient: Die 1867 geborene Putzmacherin – der damalige Begriff für Modistin oder Hutmacherin – wurde 1908 Mitglied der SPD, während des Ersten Weltkrieges Mitglied der USPD, später der Kommunistischen Partei, lese ich. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme verfasste sie gemeinsam mit einem Kreis von Frauen, der sich selbst harmlos „Kaffeekränzchen“ nannte, Texte für Flugblätter und unterstützte die Familien Verhafteter, meist Frauen mit Kindern, die auf keine Unterstützung durch die Wohlfahrt mehr hoffen konnten.

1940 wurde Ottilie Pohl wie bereits erwähnt angeklagt und im Mai 1941 schließlich zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Diese acht Monate hatte sie zu dem Zeitpunkt bereits in Untersuchungshaft im Frauengefängnis in der Kantstraße verbüßt. 1942 wurde sie wegen ihrer jüdischen Herkunft nach Theresienstadt deportiert, wo sie ein Jahr später ums Leben kam.

Eva-Lena Lörzer