Wohnungsriese weckt Begierden

Die RAG kündigt auf ihrer Bilanzpressekonferenz Interesse an der Übernahme von rund 82.000 Wohnungen der TreuHandStelle GmbH aus Gelsenkirchen an. Neben Unternehmen und Gewerkschaft meldet auch der Bund Ansprüche an

VON ELMAR KOK

Der Bergbau-, Chemie- und Immobilienkonzern RAG plant seine Immobiliensparte auszubauen. Das sagte gestern RAG-Konzernchef Werner Müller auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in Essen. „Wenn es ernst würde, wären wir interessiert.“ Er hält eine Beteiligung der RAG an der Gelsenkirchener TreuHandStelle GmbH (THS) für möglich. Die THS besitzt im Ruhrgebiet rund 73.800 Wohnungen und etwa 6.400 in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Rund 160.000 Menschen leben in den Wohnungen der THS.

Die THS ist die Nachfolgefirma der „Treuhandstelle für Bergmannswohnstätten im rheinischen Steinkohlenbezirk GmbH“, die in den 20er Jahren Bergarbeiterwohnungen mit staatlicher Unterstützung bauen sollte. Nach Angaben der THS halten die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE) und die Industriellenvertretung Unternehmensverband Steinkohlenbergbau (UVSt) jeweils 50 Prozent am Unternehmen.

Trotzdem scheinen vor den Verkaufsverhandlungen die Beteiligungen an der THS noch ungeklärt. Denn der Bund erhebt Ansprüche auf Anteile des Wohnungsbauunternehmens, da der Staat die Gesellschaft in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unterstützt hatte. Der Bund soll sogar schon Gelder aus dem bevorstehenden Verkauf in den aktuellen Haushalt eingerechnet haben. Zudem erhebt die UVSt erhöhte Ansprüche, da sie in den Anfängen der Wohnungsbaugesellschaft pro Tonne Kohle eine Abgabe zahlen musste. Mitglieder der UVSt sind die RAG, die Deutsche Steinkohle AG (DSK) und die DSK Anthrazit Ibbenbüren GmbH.

Zusätzlich will die IGBCE ihre Leistungen für die THS neu bewertet wissen. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und RAG-Chef Werner Müller sagte zu den neuen Forderungen gestern, er kenne keine Gesellschaft, an der es eine Beteiligung gebe, „die insgesamt 300 Prozent beträgt“.

Der Streit um die Treuhandstelle kommt momentan noch den Mietern zugute. Der Sprecher des Mieterforums Ruhr, Helmut Lierhaus sagte gestern zur taz, „die THS bleibt ein Unternehmen, das der Montanmitbestimmung unterliegt“. Das Mieterforum gehe davon aus, dass sich das auch bei einem Börsengang der RAG bestätige. Zudem habe die RAG bei ihren Wohnungsverkäufen Kündigungen wegen Eigenbedarfs immer ausgeschlossen. „Die sind schon bemüht, sich beim Mieterschutz keine Blöße zu geben.“

Mit einer Übernahme würde die RAG-Immobiliensparte zu den großen Playern im deutschen Immobilienmarkt aufsteigen. Insgesamt 150.000 Wohnungen würden dann zum Konzern gehören.