Wider das Klischee vom Nomaden

Unter dem Motto „Mit anderen Augen sehn“ zeigt das Kölner Filmhaus bis zum 7. Juni Spielfilme und Dokumentationen über die Situation von Roma-Flüchtlingen in Europa

Die filmische Auseinandersetzung mit der Situation der Roma und Sinti in der Festung Europa steht beim Kölner Filmfest „Mit anderen Augen sehn – Woche des Romafilms“ im Vordergrund. Das Filmteam des Rom e. V. will mit der Reihe das Leben der Roma und Sinti in Deutschland und besonders in Osteuropa bildhaft darstellen. So droht die Abschiebung von rund 3.000 Roma-Flüchtlingen, von denen manche seit 15 Jahren in Köln leben, in den Kosovo.

Über dieses Leben berichten 18 Dokumentarfilme, die bis zum 7. Juni im Kölner Filmhaus gezeigt werden. Sie beschreiben die Situation von Roma-Flüchtlingen in Westeuropa und Deutschland. Und es geht immer auch um den Teufelskreis aus Verfolgung, Flucht, sozialer Verelendung, Abschiebung, illegaler Wiedereinreise, Kriminalisierung und erneuter Vertreibung. Hoffnung, Mut und Zuversicht kommen freilich in den späteren Streifen nicht zu kurz, die seit den 70er Jahren gedreht wurden. „Als Folge der Studentenrevolte der 68er Jahre wurde ein anderes Bild von diesen ‚Nomaden' gezeigt“, so Heiner Ross, der bis 1996 in einer Filmographie Daten über mehr als 1.000 „Zigeunerfilme“ erfasst hat. Diese Filmographie, die vom Verein Rom e. V. weitergeführt wurde, enthält aktuell mehr als 2.500 Titel.

Das Klischee von den „gefährlichen, mit magischen Kräften begabten, gewalttätigen, diebischen und Kinder kauenden Nomaden“ ist seit den ersten Streifen der Filmgeschichte immer wieder reproduziert worden. Die „guten Zigeuner“, die tanzenden, feurigen, freien und naturverbundenen, wurden erst später entdeckt. Ob die aktuellen Roma-Filmemacher andere, reflektiertere Bilder produzieren, mit dieser Frage tut sich die 47-jährige Journalistin und Mitgestalterin der Roma-Filmwoche, Branka Pazin schwer. „Diese Filme sind vielleicht antirassistisch und mit gut gemeinter und sympathischer Intention gemacht“, urteilt sie. „Trotzdem sind sie noch Klischee behaftet, besonders wenn sie Frauengeschichten darstellen.“

Alles andere als klischeehaft muten die drei Spielfilme an, die in drei unterschiedlichen europäischen Ländern produziert worden sind. Die tschechische Regisseurin Drahomira Vihanova setzt sich in The Pilgrimage of Students Peter und Jacob (2000) mit der Frage von Schuld und Vergeltung auseinander. Swing, der französische Film des Roma-Regisseurs Tony Gatlif (2002), erzählt einfühlsam von der Freundschaft zwischen einem französischen Jungen und einem zehnjährigen Romamädchen. Nimm mich und bring mich weg (2003) ist der vierte Spielfilm des italienischen Roma-Filmemachers Tonino Zangardi, der mit eindrucksvollen Bildern die „Heiratssitten“ der Roma und Sinti darstellt – etwa wie ein Mann seine Tochter dem Onkel als Braut anbietet, nachdem er im Kartenspiel verloren hat.

Neben den Spielfilmen und Dokumentationen soll noch eine Reihe von Vorträgen über das „Zigeunerbild“ in Kurz-Stummfilmen, in der Filmgeschichte, im ungarischen und russischen Film dafür sorgen, dass man am Ende der Filmwoche tatsächlich die Kultur und Geschichte der Roma und Sinti mit anderen Augen sieht. FAHIMEH FARSAIE