„Wir sollten Umweltschutz viel ganzheitlicher denken“

Fee*, 19 Jahre, aus Berlin, lebt heute in Eberswalde

Als Vergangenheitsort hat sich Fee ein Einkaufszentrum in Berlin ausgesucht. Früher hat sie gerne dort eingekauft, heute nicht mehr

Ich denke in Farben, Formen oder Texturen. Schon seit meiner Kindheit. Ich male viel, spiele Gitarre und drücke so meine Gedanken und Gefühle aus. Durch Kunst adressiere ich das, was in meinem Kopf vor sich geht, Träume, Wünsche. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir weniger konsumieren und nicht irgendwelchen Idealen hinterherlaufen, ohne sie zu hinterfragen.

Ich komme aus Berlin, aber schon seit meiner Kindheit fühle ich mich zu einem Leben auf dem Land hingezogen. In der Großstadt kommen mir die Menschen von der Natur entfremdet vor. Konsum kann zwar Spaß machen, aber eben auch viel zerstören. Mein Aufwachsen in Berlin hat mir gezeigt, dass unser Wirtschaftssystem mit Nachhaltigkeit nur schwer zu vereinbaren ist. Es wird immer noch immer mehr produziert, dabei sind die Ressourcen unseres Planeten doch endlich. Wir sollten Umweltschutz viel ganzheitlicher denken.

Das hat mich auch zu meinem aktuellen Studium inspiriert. Nach meinem Abi habe ich mir ein Jahr Zeit genommen, um erst mal zu jobben und in Ruhe herauszufinden, was ich im Leben machen möchte. Letztes Jahr bin ich dann für mein Studium des Holzingenieurwesens nach Eberswalde gezogen. Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass die Natur nicht ausgemerzt wird, dass Wirtschaftlichkeit und Natur bestmöglich in Einklang gebracht werden. Ich würde später gerne Tiny-Häuser bauen oder ein kleines Unternehmen aufbauen, das nachhaltig mit Holz baut.

Und ich träume davon, mit meiner Arbeit später öffentliche, gemeinschaftliche Räume zu schaffen. Ich habe bemerkt, dass im öffentlichen Raum, insbesondere in der Stadt, zu wenige Räume existieren, in denen man sich auf das Zwischenmenschliche fokussieren kann, außer man konsumiert etwas im Café. Wenn es mehr andere Räume gäbe, würden sich Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten begegnen, statt so isoliert in ihren Bubbles zu leben.

Ich stelle mir die Gesellschaft der Zukunft als eine große Gemeinschaft vor. Ich bin der festen Überzeugung, wenn sich Menschen mit verschiedenen Biografien gegenseitig besser kennenlernen würden, hätten sie viel weniger Vorurteile. Dann würden sie auch verstehen, warum unterschiedliche gesellschaftliche Schichten unterschiedliche Konsumverhalten haben. Nur in der Gemeinschaft kann man für Probleme, die sich aus solchen Unterschieden ergeben, eine Lösung finden. Angst macht mir das Thema Künstliche Intelligenz. Ich habe das Gefühl, dass Menschen es sich immer bequemer machen. KI-Anwendungen werden uns in Zukunft immer mehr Aufgaben abnehmen. Ich habe Angst vor der Entmündigung der Menschen, davor, dass uns irgendwann sogar das Denken abgenommen wird.

Wenn ich mir die Welt anschaue und mal wieder meine Zweifel daran habe, dass wir es noch hinkriegen, die Menschen vor dem Verlust ihrer Zuhause zu bewahren, weil der Meeresspiegel immer mehr steigt oder die Dürren zunehmen, gibt mir mein soziales Umfeld Halt und Zuversicht.

Protokoll: Maria Disman

Fee vor einem ökologischen Selbst­versorger-Bauernhof mit Perma­kultur. Diese Art der Landwirtschaft kommt ohne Chemikalien aus. Sie kann sich gut vorstellen, später an genau so einem Ort zu leben

* Name auf Wunsch geändert