berliner szenen Coffee and Cigarettes

Mein Kiosk

Bei mir um die Ecke, in der Gleimstraße, gibt es ein Zeitungsgeschäft. Dort hole ich mir meinen Tabak, ab und an eine Zeitung, und fülle mein Handy mit Fünfzehn-Euro-Karten auf. Die Männer hinter dem Ladentisch wechseln ständig. Ich glaube, es sind fünf verschiedene, alle sehr freundlich. Aber es passieren auch andere Dinge als nur der Austausch von Geld gegen Waren in diesem Laden.

An einem Mittwoch betrete ich das Geschäft, noch im Schlafanzug, diesmal nur um Zigarettenpapier zu kaufen und stehe hinter einer schlanken, blonden Frau, die eine einzelne Zigarette kauft. Sie bezahlt und läuft, offensichtlich in Eile, in mich hinein, als sie den Laden verlassen will. Unsere Blicke treffen sich und auf einmal steht dort eine meiner besten Freundinnen vor mir. Ich habe sie seit fünf Jahren nicht mehr gesehen. Wir begrüßen uns herzlich und sie sagt: „Ich rauche eigentlich nicht mehr, aber ich brauchte jetzt einfach eine Zigarette.“ In den nächsten drei Minuten verstrickt sie sich in Erklärungen, warum sie diese Zigarette gekauft hat, obwohl sie ja eigentlich nicht mehr raucht. Wir laufen nebeneinander her und setzen uns ins nächste Café. Dort bemerke ich, dass ich mein Zigarettenpapier vergessen habe. Wir trinken Kaffee und teilen ihre Zigarette.

An einem Freitag komme ich in den Laden und frage nach einem Päckchen Tabak. Bevor mir der Verkäufer den gewünschten reicht, fragt er mich, ob ich einen Minidickmann haben möchte. Er hält mir eine Schachtel mit weißen, schwarzen und braunen Schokoküssen unter die Nase. Ich nehme einen Braunen, bedanke mich und sage: „Das hätte ich jetzt nicht erwartet.“ Er gibt mir meinen Tabak, nimmt mein Geld und sagt: „Dit bringt dit Leben.“

MAREIKE BARMEYER