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Außenminister Blinken in der UkraineUSA sagen weitere Waffen zu

Die fehlenden militärischen Hilfen der Verbündeten machen sich an der ukrainischen Front bemerkbar. Die USA versprechen Solidarität – und Raketen.

Blitzbesuch in Kyjiw: US-Außenminister Antony Blinken verspricht Solidarität und Waffen Foto: Brendan Smialowski/ap

Berlin taz | Mit einer größeren Offensive der russischen Armee im Osten der Ukraine war seit Wochen gerechnet worden. Nun kommt sie früher als gedacht – und scheint effektiv. Die US-amerikanische Denkfabrik Institute for the Study of War bescheinigte den russischen Streitkräften taktische Fortschritte und Geländegewinne im Norden und nordöstlich der Millionenstadt Charkiw. Umkämpft sind insbesondere die Orte Wowtschansk und Lyptsi.

In einer Analyse vom Montag gehen die Ex­per­t:in­nen davon aus, dass dort eine Art Pufferzone entstehen soll, um ein weiteres Vordringen in den Norden zu ermöglichen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte am Dienstag mit, dass russische Truppen Buhruwatka im Nordosten eingenommen hätten. Die Angaben zum Frontgeschehen sind nicht eindeutig überprüfbar, die Lage ist derzeit sehr dynamisch.

Der ukrainischen Armee fehlt es an Sol­da­t:in­nen – aber vor allem an Artillerie, um sich effektiv verteidigen zu können. In sozialen Netzwerken wie X berichten Sol­da­t:in­nen von den prekären Zuständen ihrer Stellungen. Und davon, wie sie von den russischen Streitkräften teilweise überrascht und überrannt wurden. Am Dienstag kursierten auch Videos auf X und auf Telegram von Menschen, die die Region im Oblast Charkiw nicht verlassen wollten.

„Bringen Sie mich hier oder dort um, wenigstens bin ich daheim“, sagt eine Rentnerin in Wowtschansk. Die Kyiv Post berichtet von Gleitbomben, von Raketen auf Bauernhöfe und Grünflächen, von der Evakuierung von mindestens 6.000 Menschen unter erschwerten Bedingungen. In der Millionenstadt Charkiw findet Schulunterricht für Kinder nur noch in Schutzbunkern statt.

Blinken auf Blitzbesuch in der Ukraine

Grund für die aktuelle militärische Lage ist einerseits eine massive Aufrüstung und das Zusammenziehen von Truppen auf russischer Seite. Zugleich nutzt Russland den akuten Waffenmangel insbesondere von Artillerie und Luftabwehr der ukrainischen Armee. Mehrfach hatten sowohl Präsident Wolodymyr Selenskyi als auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba die internationalen Verbündeten aufgefordert, Luftabwehrsysteme zu schicken.

Bundeskanzler Olaf Scholz unterstützte diese Forderung bei einer Reise am Montag und Dienstag durch Nordeuropa. Deutschland hatte bereits ein weiteres Patriot-System zugesagt, und führt eine Allianz für mehr Luftverteidigung für die Ukraine an. Allerdings sind die Systeme noch nicht angekommen oder im Einsatz vor Ort. Derzeit drängt die Ukraine auf mindestens zwei Luftabwehrbatterien für die Region Charkiw.

US-Außenminister Antony Blinken erstattete Kyjiw am Dienstag einen Überraschungsbesuch. „Die USA standen an der Seite der Ukraine von Tag eins an – und wir werden weiter an eurer Seite stehen“, erklärte der Chefdiplomat im Anschluss an ein Treffen mit Selenskyi. Im Gepäck hat Blinken nicht nur warme Worte, sondern auch die Zusage für neue Waffen und Raketen, die offenbar bereits auf dem Weg an die Front sind. Erst in der vergangenen Woche hatte die US-Regierung militärische Hilfen in Höhe von 400 Millionen US-Dollar angekündigt. Insgesamt haben die USA einem Waffenpaket im Wert von 61 Milliarden US-Dollar zugestimmt – nach einer monatelangen Hängepartie im US-Kongress.

Die Ukraine versucht sich nun verstärkt mit Angriffen auf russisches Territorium zu verteidigen. Dazu gehören auch Sabotageakte auf die russische Bahn und auf Gleise, um Versorgungswege der russischen Armee zu unterbrechen. Vermehrt griff die ukrainische Armee in den vergangenen Tagen mit Drohnen die Grenzregion Belgorod an.

Angesichts dieser Erfolge seitens der ukrainischen Armee flammte erneut die Debatte um den Einsatz von ausländischen Marschflugkörpern auf russischem Territorium auf. Medienberichten zufolge kam eine solche Bombe vom britischen Typ Storm Shadow auf der Krim zum Einsatz. Die Bundesregierung hält nach wie vor an ihrem Nein zur Lieferung des Marschflugkörpers Taurus fest.

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