die taz vor 24 jahren: nach mitterrands wahlsieg gab es jeden tag eine gute nachricht
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In weniger als vier Tagen hat die Regierung drei wichtige – und symbolische – Entscheidungen gefällt. Sie hat die prekäre Situation der eingewanderten Arbeitskräfte verbessert, sie hat offiziell die Aufgabe des AKW-Projekts Plogoff bekanntgegeben, und sie hat die geplante Ausweitung des Militärcamps auf dem Larzac annulliert. Die Stimmung ist enthusiastisch in Frankreich.

Die zwei besten Nachrichten der Woche neben der zu erwartenden Abschaffung der Todesstrafe und der Möglichkeit für in Frankreich geborene oder im Alter von weniger als zehn Jahren eingewanderte Ausländer, die französische Staatsbürgerschaft zu erhalten, betrafen Plogoff und Larzac.

Was Larzac betrifft, waren die Bauern dort nicht überrascht. Pierre Mauroy, der neue Premierminister, hatte diese Entscheidung vor einer Woche angekündigt. Jetzt können die 200 Bewohner des Larzac, über denen seit vielen Jahren das Damoklessschwert der Enteignung hing, sicher sein, ihr Land behalten zu können. Ebenfalls war vorhersehbar gewesen, daß Plogoff nicht gebaut werden würde, aber die Entscheidung am Donnerstag hat dennoch die Bretonen zu Freudensprüngen veranlasst. Sie wollen, soweit dies möglich ist, in der Energieversorgung unabhängig werden. In jedem Haus sollen Sonnenkollektoren, Windräder und Methangasbrenner installiert werden.

Die anderen Gemeinden, die durch AKW-Planungen gefährdet sind, sind sehr beunruhigt. In Golfesh, in Chooz und in Pellerin hat man die Entscheidung begrüßt. Aber man hat bedauert, in die Entscheidung nicht aufgenommen zu werden. Wenn der Industrieminister erklärt hat, das Atomprogramm werde „eingefroren“, dann ist es noch nicht aufgehoben. Frankreich braucht rasch mehr Energie, und die Alternativ-Energien sind noch nicht in großem Maßstab einsetzbar. Es könnte ja ein Referendum über das Atomprogramm geben – nach den Wahlen?

(taz v. 1. 6. 1981, Hélène Crié)