Castor pünktlicher als viele Autofahrer

Polizei rühmt trotz Verkehrsstaus den reibungslosen Straßentransport von Dresden nach Ahaus. Dem widerspricht der Anti-Atom-Protest: Es habe Staus von 120 Kilometern Länge gegeben. An dem Erfolg des Transports ändert das aber gar nichts

AUS DRESDEN, BERLIN, AHAUS M. BARTSCH, N. REIMER,A. WYPUTTA

Gegenüber dem Zeitplan gab es nur knapp eine Stunde Verspätung. Gestern Früh um vier Uhr traf nach rund 600 Straßenkilometern die Castoren vom sächsischen Rossendorf im westfälischen Zwischenlager Ahaus ein. Nennenswerte Zwischenfälle gab es nicht. Ähnlich wie schon in Rossendorf gelang es der Polizei, durch ein Täuschungsmanöver eine Blockade am Zielort zu umgehen.

Etwa 650 Demonstranten waren vom Ahauser Bahnhof am Montagabend bei strömendem Regen durch die Innenstadt gezogen. Seit Mitternacht hatten dann etwa 150 Demonstranten, nach Polizeiangaben etwa 100 Menschen auf einer Kreuzung zu einer Sitzblockade ausgeharrt. Diese war der Konvoi umgangen – und war durch den Ort Heek gerollt. Die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ kritisierte, dass dies ohne vorherige Information der Bevölkerung geschehen sei. BI-Sprecher Matthias Eickoff: „Wir bezweifeln, dass diese nicht genehmigte Durchfahrt legal gewesen ist.“

Der mehrere hundert Meter lange Konvoi mit den ersten sechs von insgesamt 18 Behältern des Typs MTR-2 war erstmals ausschließlich über die Straße abgewickelt worden. Die Fahrt vorwiegend über die Autobahn A4 von Sachsen nach Hessen verlief reibungslos. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen äußerte sich ausgesprochen zufrieden. Sie dementierte sogar anfängliche Berichte, nach denen es zwei Festnahmen gegeben haben soll. Von einigen Demonstranten seien lediglich die Personalien festgestellt worden.

Von einem störungsfreien Transport könne überhaupt nicht die Rede sein, hielt die Bürgerinitiative in Ahaus dagegen. Sie bezifferte die Zahl der Transportgegner, die sich entlang der Strecke an Protestaktionen beteiligt hätten, auf rund 1.000. Im Gegensatz zu Behauptungen der Polizei, der Verkehr sei nicht nennenswert beeinträchtigt worden, spricht die BI von Staus mit einer Gesamtlänge von etwa 120 Kilometern.

Die umfangreichen Absperrungen und Umleitungen waren allerdings schon zur Abfahrt in Sachsen spürbar, obschon sie nur etwa eine halbe Stunde andauerten. Die Anti-Atom-Bewegung hatte diesmal frühzeitige Erkenntnis über die genaue Transportstrecke. „Die zuständigen Innenministerien hatten den Bürgermeistern jener Kommunen, die an der Transportstrecke liegen, Hinweise auf den bevorstehenden Transport gegeben“, erklärte Bettina Dannheim, Energiereferentin von Robin Wood. Diese seien dann oft weitergegeben worden. „Während wir auf der Nordroute – der Autobahn über Braunschweig – keinerlei Hinweise hatten, bekamen wir auf der Südroute jede Menge solcher Informationen“, so Dannheim. Mehrere Anti-Atomkraft-Initiativen riefen gestern zu weiteren Protesten auf. Damit soll verhindert werden, dass die speziellen Stoßdämpfer für die in den nächsten beiden Wochen geplanten Transporte der übrigen 12 Castoren nach Dresden zurückgebracht werden.

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