Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus: Linke sorgt sich um Polizisten
Im Landesparlament gibt es in der 1.-Mai-Nachlese wenig zu bekritteln. Das lenkt den Blick auf die Personalia Manja Schreiner und Raed Saleh.
Wobei Schreiner gar nicht im Saal ist: Parlamentspräsidentin Cornelia Seibeld verliest zu Sitzungsbeginn einen Brief von Regierungschef Kai Wegner (beide CDU). Da steht drin, dass er die Verkehrssenatorin am Dienstag auf eigenen Wunsch entlassen hat. Eine gewisse Heiterkeit kommt auf, als Seibeld zitiert, wer Schreiner vorübergehend ersetzen soll: ihr CDU-Kollege Stefan Evers vom Finanzressort – der ist aktuell eigentlich wegen der Haushaltsmisere nicht gerade unterbeschäftigt.
Erst danach geht es um den 1. Mai, den fast alle Fraktionen von zwei Abgeordneten betrachten lassen: zum einen in Sachen Ablauf und Polizeieinsatz, zum anderen mit Blick auf den ursprünglichen Inhalt des Feiertags, die Arbeitnehmerrechte.
Für Burkard Dregger (CDU) wie für Innensenatorin Iris Spranger (SPD) ist dabei völlig klar, was zu diesem 1.-Mai-Ablauf geführt hat: ein solides Polizeiaufgebot – in diesem Jahr 6.200 Beamte – und intensive Vorbereitung durch die Einsatzleitung. Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte schon morgens im RBB-Inforadio gesagt: „Eine deutliche Präsenz lässt manches im Kein ersticken.“
Ruf nach weniger Polizisten
In der Opposition sieht man das anders. Grünen-Innenpolitiker Vasili Franco dankt den Polizisten für ihren Einsatz, fragt sich aber, ob die wirklich schwer gerüstet bei 26, 27 Grad in der Sonne hätten stehen müssen, statt denn Tag mit Freunden oder Familie zu verbringen. Auch die Linksfraktion äußert Sorge: „Wir könnten doch gemeinsam hinterfragen, ob wirklich jedes Jahr am 1. Mai über 6.000 Kolleginnen und Kollegen in der prallen Sonne herangezogen werden müssen“, sagt Damiano Valgolio für seine Fraktion.
Und so wandert der Blick dann wieder auf jenen leeren Sitz in der Reihe der Senatsmitglieder, wo jüngst noch Manja Schreiner saß. Aus allen Fraktionen – auch von den Grünen, die an ihr inhaltlich als Senatorin wenig Gutes fanden, – hat es Applaus gegeben, als die Parlamentspräsidenten ihr für ihre Arbeit dankt. Die Nachfolge soll oder will der eine oder andere im Plenarsaal schon im Kopf haben, aber offiziell wird bis Redaktionsschluss nichts.
Einer, der in solchen Fällen meist Bescheid weiß, ist SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Für jemanden, der beim SPD-internen Vorstandstriell jüngst so deutlich abgewatscht wurde, sieht er schon wieder gefasst aus. Im Juni, vielleicht schon am 4., steht die nächste Wahl für ihn an – dann geht es um den Fraktionsvorsitz. Saleh ist seit 2011 in diesem Amt, länger als jeder andere SPDler in deutschen Parlamenten. „Ich bin gerne Fraktionsvorsitzender und stehe weiter zur Verfügung“, sagt Saleh an diesem Donnerstag der taz. Ob es künftig eine Doppelspitze geben soll wie im Parteivorstand, mag er nicht sagen.
Am Rednerpult geht die Debatte so entspannt zu Ende wie der 1. Mai selbst. Vasili Franco von den Grünen hat das in seiner Rede schon so zusammengefasst: „Die Jahre der Eskalation sind vorbei“, sagt er, „das war der Sound des 1. Mai.“
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