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Ausgehen und rumstehen von Paola KaszubowskiKartentricks statt Transzendenz mit Techno

Foto: privat

Schnelle Musik, tiefer Bass. Körper bewegen sich im Einklang zur Musik oder versuchen es zumindest. Ich stehe das erste Mal an diesem Abend auf der Tanzfläche, schau hoch zum DJ und er ist dabei, sein Set zu beenden. Schade, da ich durch ihn auf dieses Event aufmerksam wurde. Zuvor verbrachte ich länger als gedacht den Abend mit meinen Freunden und Freundinnen. Schon wieder kann ich mich nicht zwischen zwei Dingen entscheiden. Eine weitere Symptomatik von Fomo (Fear of missing out). Aber so soll es sein, erkläre ich mir solche Situationen jedes Mal aufs Neue. Als ich den Uber Richtung Köpenicker Straße nahm, war es bereits halb eins.

Um ein Uhr, in der Warteschlange stehend, spreche ich hemmungslos die Person vor mir an und frage nach einer Zigarette. Eine Eigenschaft, die hilfreich ist, wenn man allein feiert. Er ist Anwalt aus Brasilien – „Carpe Diem“ auf seiner Brust tätowiert. Er erzählt mir von seiner Arbeit, während ich von anderen Leuten aus Japan angesprochen werde, um Auskunft über diesen Club zu geben. Schnell wird klar, dass vor allem Touristen und Touristinnen die Räume füllen. Nicht, dass ich keine bin.

Nach einem kurzen Austausch stehe ich auch schon vor jemandem aus dem sogenannten Awareness Team des KitKats. Doch fühlt man sich dadurch wohler? Gerade das KitKat ist bekannt für Verbindungen zur rechten Szene. Türsteher, die bei einem rechtsextremen Kampfsportverein waren. Negative Erfahrungsberichte häufen sich und zu guter Letzt: Till Lindemann wurde nach seinen bekannten Vorwürfen in den Club gelassen. Es scheint wie ein Versuch, eine Art Safe Space wiederaufzubauen oder zumindest die Illusion dessen entstehen zu lassen. Denn schnell fiel auf: So ganz loslassen und sich wohl fühlen kann man hier nicht. Zumindest aus meiner Beobachtung heraus. Zu oft wurde man angequatscht, und es schien, als ob diese Männer die Signale nicht lesen konnten. Erst nach mehreren Aufforderungen wird man in Ruhe gelassen. So etwas in einem sexpositivem Club zu erleben wirkt sehr abschreckend. Schließlich offenbart man sich den Menschen vor Ort. Die Erwartungshaltung ist, nicht belästigt zu werden. Ein unausgesprochenes Vertrauen. Die breite Masse scheint durch den Techno-Hype nun auch in diesen Etablissements angekommen zu sein. Leider muss ich beobachten, wie sich in den letzten Jahren die Techno-Szene von einem Raum wegbewegt, in dem Identität und Heteronormativität keine Rolle spielen. Da kann ich auch „normal“ feiern gehen.

Erst nach Ende dieses Abends fiel mir auf: Man geht nicht für die Musik hin. In diesem Club konzentriert man sich auf die Menschen. Naiverweise erhoffte ich mir zu gute Musik und wurde zum zweiten Mal enttäuscht. Um bei Technomusik wirklich abschalten zu können, brauche ich vor allem gute Übergänge. Nun stand ich da – allein auf der Tanzfläche. Allein feiern als Beschäftigung zur Selbstfindung, wenn man so will.

Als ich mir eine kurze Auszeit suchte, erschien aus dem Nichts ein selbsernannter Zauberer, so nannte er sich. Zu Recht, er verblüffte mich mit seinen Münztricks und ich kann mir bis dato nicht erklären, wie er eine von den zwei Münzen verschwinden ließ. Zum Ausklingen des Abends schaute ich mir Kartentricks an, ließ die eine in seiner Hand verschwinden.

Die breite Masse scheint durch den Techno-Hype nun auch im KitKatClub angekommen zu sein

Das war dann wohl Ersatz für die Zauberei, die mir an diesem Abend fehlte. Nicht, dass alles vergebens war: Der Vorteil, allein zu feier, ist, dass die Schwelle zum Kennenlernen neuer Menschen deutlich niedriger ist als sonst. Man bricht ein wenig aus der Bubble heraus. So kann man vom KitKat behaupten, dass trotz des Hypes und der Kommerzialisierung der Laden seinen Charme hat.

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