Krise zwischen Ecuador und Mexiko: Im Wahlkampf nicht ungelegen

Die Verletzung der mexikanischen Souveränität löst Empörung aus – in ganz Südamerika. Doch für López Obrador hat das Ganze auch eine gute Seite.

Mexikos Präsident Lopez Obrador steht auf einem Podium und winkt

López Obrador befindet sich im Wahlkampf Foto: AP Photo/Eduardo Verdugo

Die Entscheidung von Mexikos Staatschefs Andrés Manuel López Obrador, die diplomatischen Beziehungen zu Ecuador auf Eis zu legen, war richtig. Das Eindringen von Polizisten in die mexikanische Botschaft sowie die Verhaftung des ecuadorianischen Ex-Vizepräsidenten Jorge Glas, der dort im Asyl war, sind ein Verstoß gegen internationales Recht. Darauf verweist auch die ungewöhnliche Einheit jener, die den Angriff verurteilten: Von den sich links verstehenden Regierungen Kubas und Venezuelas über den ultra-wirtschaftsliberalen Javier Milei bis hin zum Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, wurde die Aktion von Ecuadors Präsidenten Daniel Noboa kritisiert.

Wenn Sicherheitskräfte in die diplomatische Vertretung eines anderen Landes eindringen, kann man guten Gewissens von einer Intervention sprechen. Die von der OAS verabschiedete Caracas-Konvention sieht vor, dass es dem Asyl gebenden Land vorbehalten bleibt, Fluchtgründe zu bewerten. Ob es sich um den Journalisten Julian Assange handelt, der ausgerechnet in einer ecuadorianischen Botschaft Schutz fand, oder um den korrupten Glas, spielt dabei keine Rolle.

Dennoch ist es bemerkenswert, dass sich der Linkspolitiker Obrador ausgerechnet für Glas starkmacht. In seiner Heimat profiliert sich der Mexikaner mit dem Kampf gegen korrupte politische Gegner, die in den Odebrecht-Skandal verwickelt waren – in jenen Fall also, wegen dem Glas hinter Gittern saß. Ständig betont López Obrador, er wolle sich nicht in die Angelegenheiten andere Staaten einmischen. Dennoch stellte er jüngst einen Zusammenhang zwischen dem Mord an einem Politiker im ecuadorianischen Wahlkampf 2023 und dem Sieg Noboas her.

Dass Noboa daraufhin die mexikanische Botschafterin zur unerwünschten Person erklärte und damit den Streit eskalierte, kommt López Obrador nicht ungelegen. In Mexiko herrscht Wahlkampf, und nichts stößt auf größere Empörung als ein Angriff auf die nationale Souveränität. Für López Obrador ist der wirtschaftsliberale Unternehmersohn Noboa ein willkommenes Feindbild.

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Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.

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