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Den Eseln die Haut retten

Gelatine stammt aus Eselhaut und ist in China begehrt für Medizinprodukte. Weil es dort weniger Grautiere gibt, entstehen in Afrika Schlachthöfe

Aus Cotonou, BeninKatrin Gänsler

Ein Meilenstein ist es für Organisationen, die sich um Tierwohl kümmern, ebenso auch für Vieh­händ­le­r:in­nen und Farmer:innen. Die Afrikanische Union (AU) hat am 18. Februar verboten, dass Esel geschlachtet werden, um aus ihrer Haut in China begehrtes Ejiao – Eselgelatine – zu gewinnen. So sollen künftig rund 33 Millionen Grautiere auf dem ganzen Kontinent besser geschützt werden. Einzelne Länder wie beispielsweise Uganda und Tansania hatten den Handel mit Eselhaut schon vor Jahren verboten.

Denn überall schrumpft die Eselpopulation gewaltig. Nach Einschätzung der 1973 in Großbritannien gegründeten Hilfsorganisation „The Donkey Sanctuary“ sind bis jetzt jedes Jahr mindestens 5,9 Millionen Tiere weltweit geschlachtet worden. Diese wurden nicht nur ihren Be­sit­ze­r:in­nen abgekauft, sondern auch gestohlen, wovon Sahelstaaten wie Burkina Faso und Niger, aber auch Nigeria sowie Kenia in Ostafrika betroffen waren. Für Familien ist das verheerend, da die Tiere eine zen­trale Rolle in der Feldarbeit und bei Transporten spielen, wie eine 2019 veröffentlichte Studie zeigt. For­sche­r:in­nen in Kenia kamen zu dem Ergebnis, dass Haushalte mit Esel höhere Einkommen erzielten.

Dennoch eröffneten in Kenia 2016 sogar erste Schlachthäuser für Esel, nachdem die Schlachtung 2012 legalisiert worden war. Von Februar 2020 bis Mai 2021 wurde diese allerdings ausgesetzt, weil alleine von 2016 bis 2018 nach Informationen der kenianischen Organisation für Landwirtschaft und Nutztiere (Kalro) knapp 302.000 Esel in Kenia geschlachtet wurden. Insgesamt schrumpfte die Zahl zwischen 2009 und 2019 von 1,8 auf 1,17 Millionen Tiere, so Kenias Statistikamt. Inzwischen ist das Schlachten von Eseln in Kenia wieder erlaubt.

Aus der Eselhaut wird Gelatine gewonnen, indem man die Haut dünstet und einweicht. Eingesetzt wird sie in Form von Tabletten oder Pulver in der traditionellen chinesischen Medizin, etwa bei Bluterkrankungen. Als Ursprungsort der Produktion gilt der Landkreis Dong‘e in der Provinz Shandong. In China zu kaufen gibt es sie allerdings auch als Snack unter dem Namen „gu yuan gao“, der zusätzlich aus Nüssen, Sesam und Datteln besteht.

2018 schrieb die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, dass das Unternehmen Dong‘e Ejiao, Chinas größter Ejiao-Hersteller, die Preise um sechs Prozent anhebt. Für ein Kilo des Ejiao-Riegels mussten 783 US-Dollar gezahlt werden. Denn auch in China sind Esel knapp geworden. Während es 1990 noch elf Millionen gab, war die Zahl im Jahr 2016 auf 5,4 Millionen gefallen.

Schwieriger als bei Pferden ist auch die Reproduktion von Eseln. Üblicherweise trägt eine Stute elf Monate. Es können jedoch auch 13 bis 14 Monate werden. Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es keine geplante Zucht. Auch fehlt es an Tierärzt:innen, die die Grautiere im Krankheitsfall behandeln können. Die meisten Esel würden außerdem unter Inzucht und schlechtem Futter leiden, sagte 2022 Tixon Nzunda, ständiger Sekretär im tansanischen Ministerium für Viehzucht und Fischerei. Das trage ebenfalls dazu bei, dass sich die Bestände nicht erholten.

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