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Mangosaison in Indien beginntDie Königin der Früchte ist zurück

Trotz schwieriger klimatischer Bedingungen fällt die Mangoernte gut aus. Mumbais Lieblingssorte ist für viele Einheimische allerdings noch zu teuer.

Die Mangosaison hat in Indien begonnen Foto: Zoonar/imago

A n Straßenecken, versteckt zwischen Wohnhäusern und Läden, tauchen sie derzeit wieder auf: Mango-Stände. Wo vor ein paar Tagen noch im Mumbaier Stadtteil Bandra Hemden und Hosen verkauft wurden, stehen jetzt bunte, mit Heu ausgelegte Pappkartons, die nach dem duften, was draufsteht: „Mangos in Exportqualität“. 12 faustgroße Früchte liegen darin. Sie sind von außen gelb bis rot, das Fruchtfleisch safranorange. Es sind die ersten Mangos der Saison, und es handelt sich um die teuerste Sorte Indiens: die Alphonso.

Verankert in Mythologie, Kultur und Geschichte ist die Mango in Indien schon seit langer Zeit. Einst brachten Jesuiten aus Europa Veredelungstechniken nach Westindien und die Afonso entstand – wie sie damals genannt wurde, in Erinnerung an den portugiesischen General und Kolonialisten Afonso de Albuquerque. Sie wird auch unter dem indischen Namen Hapus geführt. Ihr Ruf reicht weit über Westindien hinaus. Form, Größe und Geschmack bestimmen jedes Jahr den Preis.

Und: Wie gut die Ernte ausfällt. Dieses Jahr könnte ein gutes Jahr für die Man­go­bäue­r:in­nen werden. Günstige klimatische Bedingungen haben bei vielen zu hohen Alphonso-Erträgen geführt. In diesem Jahr sollen sie sogar erschwinglicher sein. Der Preis für gute Kisten beginnt in Mumbai bei umgerechnet etwa elf Euro und kann sich bis zu 33 Euro steigern.

In Westindien dauert die Saison etwa bis Juni oder bis zum Einsetzen der Regenzeit. Die Lieferung aus der Küstenregion Konkan und Karnataka hat früh begonnen, noch läuft das Geschäft langsam an. „Die Kunden zögern“, sagt Akshata Pankar. Ihre Familie hat eine Bio-Mango-Plantage in Maharashtra. „Die Preise sind derzeit ähnlich konstant wie 2023“, sagt sie. Aber zu früher Regen wie im Dezember und starke Hitze im Frühsommer könnten zu ernsten Problemen werden. Doch nun ist erst einmal Mango-Hochzeit.

Eine Kiste mancher Mangosorten kostet einen Tageslohn

Jokhan, der als Fahrer in Mumbai arbeitet, wartet lieber auf die süßen Früchte: „Im Moment sind sie viel zu teuer“, sagt er. Der Karton würde ihn mehr als einen Tageslohn kosten. „Da gedulde ich mich noch ein, zwei Monate.“ Am liebsten isst Jokhan die Alphonso, die 300 bis 400 Kilometer entfernt in den Mangoregionen Ratnagiri und Devgad angebaut wird. „Langra und Dasheri schmecken auch gut“, sagt er. Die beiden letzteren stammen aus seiner Heimat, dem Bundesstaat Uttar Pradesh im Norden des Landes. Im Gegensatz zur „Königin der Früchte“, der Alphonso, sind diese Sorten größer und von außen grün. In Mumbai kommen sie erst später auf die Großmärkte und zu den Straßenhändlern.

Wer sich bei einem Spaziergang in den alten Stadtvierteln Mumbais umschaut, entdeckt langblättrige Mangobäume, die derzeit kleine Früchte tragen. Die Bäume sind nicht weit von den Stränden entfernt, wo die Mangos auf Holzkarren angeboten werden. Die grünen Früchte eignen sich weniger für Lassis, denn an die Königin kommen sie nicht heran. Aber: unreif geerntet, sind sie sauer und lassen sich am besten einlegen oder roh in den Reis reiben. „Früher haben wir Mangos oft direkt vom Großmarkt abgeholt“, sagt Jokhan. Sie werden noch nicht voll ausgereift gepflückt und reifen dann in den Kartons. Wenn es keine Bio-Qualität sein soll, wird künstlich nachgeholfen.

Die 40-jährige Suvarna Satpute schließt sich Jokhan an. Ihr hartverdientes Geld investiert sie nicht in ihre Lieblingsmango. „Wir haben Nachbarn, die aus der Konkan-Region kommen und uns jedes Jahr im Sommer Früchte aus ihrem Urlaub mitbringen. Darunter sind auch ein paar Alphonso-Mangos“, sagt sie. Sie kaufe andere Sorten wie die Kesar oder Badami, die günstiger sind. Doch der Geschmack der Alphonso sei besonders: „Wir mögen sie alle in der Familie“.

Welches die beste Mangosorte in Indien ist, kann in einer sehr langen Diskussion enden. In Mumbai sind sich die meisten jedoch einig: Die Antwort lautet Alphonso.

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Natalie Mayroth
Reporterin
Natalie Mayroth schreibt seit 2015 für die taz. Seit 2017 berichtet sie aus Indien und Südasien. Sie kam damals mit einem JournalistInnen-Stipendium nach Indien. In München absolvierte sie 2014 ihren Magister in Europäischer Ethnologie, Soziologie und Iranistik. Natalie Mayroth ist deutsch-iranischer Herkunft.
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