KLAUS HILLENBRAND ÜBER DEN UMGANG MIT DEM BREIVIK-PROZESS
: Das Recht der Täter

Breivik will aus seinem Prozess ein politisches Verfahren machen. Der Versuch ist nicht strafbar

Ein Strafprozess ist ein Strafprozess ist ein Strafprozess. Ziel ist einzig und allein, Recht zu sprechen. Und dazu zählt, dass alle Beteiligten die Möglichkeit haben, sich zu äußern. Der Wichtigste ist der Angeklagte.

Vor 30 Jahren gab es Bemühungen der bundesdeutschen Justiz, das Rederecht von Angeklagten einzuschränken – bei den Prozessen gegen Mitglieder der RAF. Die linke und liberale Öffentlichkeit hat diese Versuche zu Recht verurteilt, und das nicht, weil sie die RAF-Taten guthieß. Nun ist Anders Behring Breivik nicht mit den Tätern aus den Reihen der RAF vergleichbar. Allerdings bemüht sich auch Breivik, aus seinem Prozess ein politisches Verfahren zu machen. Dieser Versuch ist nicht strafbar.

Breivik war nach allem, was wir wissen, ein Einzeltäter. Aber auch Einzeltäter konnten in der Vergangenheit quasi repräsentativ für eine Gesellschaft ihre Taten verüben, ja, sie konnten mit ihren Taten Geschichte machen. Schon gar nicht lassen sie sich ohne genaueste Prüfung als Irre qualifizieren. Möglicherweise ist dieser Anders Behring Breivik ein Symptom für Tendenzen in unserer Gesellschaft, die es zu bekämpfen und abzustellen gilt.

Aus Einzeltätern, wenn auch unterstützt von einem Netzwerk, dessen Maschen wir noch nicht in allen Einzelheiten kennen, bestand auch der NSU in Deutschland. Im nächsten Jahr wird sich voraussichtlich die einzige Überlebende des Trios, Beate Zschäpe, für ihre Beteiligung in einem Strafprozess verantworten müssen. Anders als bei Breivik spricht nichts dafür, dass sie unzurechnungsfähig ist. Es ist durchaus denkbar, dass Beate Zschäpe in dem Verfahren ihr bisheriges Schweigen bricht. Sollte sie ihre Sicht der Dinge darstellen wollen, einschließlich einer zutiefst menschenverachtenden, rechtsradikalen Gesinnung – dann muss ihr dieses Recht so selbstverständlich gegeben werden wie dem kleinsten Eierdieb. Und die Medien müssen darüber in aller gebotenen Ausführlichkeit berichten.

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