Reiseradeln leicht gemacht

Darf es mal ein bisschen weniger sein? Auch wenn dem Reiserad ein paar Kilo fehlen, kann seine Ausstattung hohen Ansprüchen genügen

Reisefahrräder sind schwer, sagt man. Geschuldet sei das den besonderen Anforderungen an die Stabilität, die wegen des Gepäcktransports erforderlich sei. Und so bringen denn auch die kürzlich vom Radreise-Magazin Radtouren (www.radreise-magazin.de) getesteten sechs ungefederten Modelle zwischen 15 und etwas mehr als 18 Kilo auf die Waage.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Das vollwertig ausgestattete Rennreiserad „T 900 R“ der Oldenburger VSF-Fahrradmanufaktur bringt nicht mehr als 13 Kilo auf die Waage. Einbußen müssen weder bei der Stabilität noch bei der Ausstattung hingenommen werden. Lediglich auf den vorderen Gepäckträger (Lowrider) hat man zu verzichten. Gewichtsmäßig schlägt das nicht wirklich zu Buche, wiegen die Träger guter Hersteller doch noch nicht einmal 500 Gramm. Das Geheimnis der verhältnismäßig wenigen Kilos ist auch nicht durch den eher ärgerlichen Verzicht auf Flaschenhalter (durchschnittlich 40 Gramm pro Stück) zu erklären. Gewicht gespart wird vielmehr dadurch, dass konsequent hochwertige Teile verbaut werden. Das beginnt bei dem besonders leichten Rahmen aus Chrommolybdän-Stahlrohr und setzt sich fort in Komponenten wie etwa dem Gepäckträger „Tubus Fly“ (330 Gramm), der immerhin mit mehr als 18 Kilo beladen werden kann.

Hinzu kommt der besonders leicht laufende Nabendynamo des Herstellers Shimano, von dem übrigens auch die 27-Gang-Rennradschaltung (Shimano 105) stammt. Zwar wiegt ein Nabendynamo mehr als ein klassischer Seitenläufer, dafür sorgt er aber auch bei Regen und Schnee für ungetrübten Lichtgenuss.

Auch im Alltagseinsatz bewährt sich der anatomisch geformte Rennlenker, der mindestens drei unterschiedliche Griffpositionen ermöglicht und so zu einem ermüdungsfreien Radeln beiträgt. Zusatzbremshebel sorgen dafür, dass bei jeder Lenkposition das Fahrrad sofort zum Stehen gebracht werden kann. Die Laufräder sind serienmäßig mit dem Sicherungssystem „Pit Lock“ ausgestattet. Zusammen mit einem Bügelschloss kann das Fahrrad so sicher vor Dieben geschützt werden.

Über die Bereifung darf man sich streiten. Zwar bringt der serienmäßig montierte Slick-Reifen von Schwalbe etwas weniger Gewicht auf die Waage als der „Marathon plus“ desselben Herstellers. Doch gerade Reiseradler würden es zu schätzen wissen, einen Reifen zu fahren, der als praktisch unplattbar gilt. Eher peinlich ist die Fahrradklingel. Sie wirkt billig und passt nicht zu so einem edlen Bike. Hier sollte sich der Hersteller schleunigst eine Alternative einfallen lassen.

Im Alltagstest bereitet das Fahrrad uneingeschränkten Fahrspaß. Auch nach mehr als 2.000 Testkilometern waren an dem Reiserenner keinerlei Macken festzustellen. Er eignet sich in gleichem Maße für kurze Fahrten in die Stadt als auch für Wochenendausflüge und Fahrradreisen. Selbst abseits unbefestigter Wege zeigt das Velo keine Schwächen. So viel Qualität hat seinen Preis. Ohne zuvor 1.699 Euro auf den Ladentisch geblättert zu haben, rückt der Fahrradhändler das „T 900 R“ nicht raus.

WOLFGANG A. LEIDIGKEIT