Was vom Spieltag übrig blieb: Mit der Bitte um Eskalation

Betrachtungen zum Wochenend-Fußball: Warum werfen die Fans keine Medizinbälle, und wieso geht es bei Alemannia Aachen rund?

Tennisbälle auf dem Fußballfeld zum Zeichen des Protests.

Ballerei: Ritualisierung des Fanprotests, hier bei Darmstadt gegen Stuttgart Foto: dpa

Alles ist 2. Wahl. Bundesliga­spieltag – gähn. Jedenfalls zu acht Neunteln. Ganz großes Kino bietet nur die schadenfrohe Vorschau auf das strauchelnde Imperium aus München beim beißfreudigen VfL Bochum am Sonntagabend. Mutmaßlich kein angenehmes Date für die Ligatyrannen, aber vorher weiß man halt nie wie’s ausgeht.

Ob Thomas Tuchel, der Zockercoach mit den wechselnden Ketten-Manövern, am strahlend schönen Montag schon Geschichte ist? Oder selbst strahlend schön wie Phoenix …? Ist Hansi Flick hoamgeholt? Irgendein Jupp? Oder wird der weise Thomas Müller als Spielertrainer übernehmen, mit dem Saisonziel Punktbester Vizemeister aller Zeiten und Leverkusen damit diesen Titel entreißen?

Bis dahin müssen wir uns hier um scheinbar Profaneres kümmern. Viertligist Alemannia Aachen, ich erlaube mir den Namen mal wieder zu nennen, hatte sich im Januar den Aufrufen zur Demo gegen rechts vielgescholten verweigert (siehe taz vom 28. Januar). Man fürchtete gesellschaftliche Spaltung und bekam rechten Beifall. Mittlerweile aber hat sich der Klub auf Facebook mit tiefem Kotau selbst gegeißelt und beifallumtost vor 23.000 Zuschauern im Stadion um Vergebung gebeten.

Mit klarer Kante: „Alemannia distanziert sich ausdrücklich und nachdrücklich von der AfD.“ Bingo: Das Bräunliche explizit zu nennen, ist mehr als sich nur allgemein gegen Rassismus zu positionieren.

Freundlich verloren

Als Dank nähert sich das Team dem Aufstieg in Liga 3. Aber ist das bundesweit wichtiger als das Wohlergehen von, sagen wir, Darmstadt 98? Oder Heidenheim? Doch, die Ligabereicherung von der Ostalb hat wohltuend freundlich verloren gegen Leverkusen, brave Schwaben.

Launig gestaltet sich derweil der Abstiegskampf oben. Wahrscheinlich werden historisch wenige Punkte das Überleben sichern, vielleicht reichen am Ende 21 oder 22, falls es in der Relegation gegen den HSV geht. Rechnerisch könnten im nächsten Jahr auch vier Punkte nach 34 Spieltagen genug sein, sofern in der Relegation wieder die Unaufsteigbaren der Gegner sind. Ach, wie langweilig wäre das Fußballwesen ohne Zahlenspielereien und Wunschszenarien.

Ein ernstes Wort noch an die Fans, wegen der Tennisbälle. Die nerven allmählich. Immerhin: In Duisburg flogen jetzt schon Frisbeescheiben, andernorts fuhren Spielzeugautos (siehe Print-taz). Jetzt brauchen wir mehr Wachstum, also: größer denken und bald auf Volleybälle umsteigen, auf Rugby-Eier und Curling-Steine, Magath’sche Medizinbälle oder die riesigen Gymnastikkugeln. Eskalation bitte!

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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